Bild Wenn sich die Wege trennen…

Bild So verschieden wie die Austrittsgründe, so verschieden ist auch die Qualität uns erhaltener Austrittserklärungen.
Von seitenlangen Briefen mit ausführlichen Erläuterungen – oft im Tone ehrlichen Bedauerns – über kurze sachliche Statements geht es bis zu achtlos auf ein abgerissenes Partieformular gekritzelten Worten (siehe Abbildungen).
So hinterlässt mancher noch im Abschied ein treffendes Spiegelbild seiner Persönlichkeit.

Amüsante Zitate aus Austrittserklärungen

"Meine finanziellen Verhältnisse zwingen mich, die mir so liebgewordene Mitgliedschaft in der Schachgruppe aufzugeben, denn ich kann den Beitrag nicht erschwingen."
Otto Mohr, 1949 – damals schon 70 Jahre alt
Offenbar fand man aber einen Weg, ihn im Verein zu halten, denn er blieb noch mehrere Jahre aktiv, u.a. als geachteter Schriftführer. Sein endgültiges Austrittsgesuch von 1956 beginnt mit den Worten:
"Mit lebhaftem Bedauern muß ich meine Mitgliedschaft zum 31. Dezember 1956 kündigen… Die Entfernung … macht mir die Nachtbesuche im Klubheim unmöglich…"

"Bei dieser Gelegenheit darf ich dem Vorstand und allen mir verbundenen Schachfreunden für das mir entgegengebrachte Verständnis für mein leider nur mittelmäßiges Schachspiel danken."
Alfred Henke, 1976 beim Austritt wegen Wohnungswechsel nach Niedersachsen

"… nahm ein Vereinsmitglied … zum Anlaß …, mich in provozierender Weise unmotiviert zu attackieren.
… Um mich diesen Schimpfkanonaden eines schizophrenen Psychotikers nicht auszusetzen, blieb ich in der Folge den Schachwettkämpfen fern."
Heino Ehlert, 1980

"Hiermit erkläre ich meinen Austritt … Sollte ich wiederum zum Spielleiter der Schachgruppe gewählt werden, so entfällt der Austritt. Dies bitte ich nicht als Erpressung aufzufassen …"
Frank Prondzinski, 1980

"… meinen sofortigen Austritt aus dem Schachverein … Der Grund ist die Überanstrengung im Beruf, die Erschöpfung abends am Schachbrett, verbunden mit Lustlosigkeit und Unfähigkeit… am gestrigen Montag bereits im siebenten Zug eine Figur einzustellen, das beschämt mich so sehr, daß ich diese Konsequenz ziehe."
Pfarrer Dr. Rolf Rochusch, 1993

Auch wenn sie nicht schriftlich überliefert ist, passt die Geschichte um den Austritt von Heinz König hier her. Heinz, der wegen seines angenehmen Humors eigentlich allseits beliebt war, kam eben dieser Humor in den letzten Monaten seiner Mitgliedschaft leider etwas abhanden.
Er konnte es nicht verwinden, dass er in mehreren Turnieren immer einmal mehr mit Schwarz als mit Weiß zu spielen hatte. Wie jeder Schachspieler weiß, ist dies nun einmal vom Losglück und in Mannschaftskämpfen auch von der Stabilität der Aufstellung abhängig – doch im Laufe der Zeit gleicht es sich immer aus.
Doch Heinz war mit guten Worten nicht zu überzeugen und die Vereinsmeisterschaft 2004 (B-Finale) brachte das Fass zum Überlaufen: Ausgerechnet als SF König mit Weiß gegen Klaus Becker angesetzt war, gab dieser die Partie kampflos verloren.
Das war zu viel: Heinz erklärte seinen sofortigen Austritt und war auch vom bekanntermaßen geduldigen Spielleiter Manfred Leu nicht zur Umkehr zu bewegen.

Manchen wird man einfach nicht los…

Blenden wir uns in den Schriftwechsel ein, den unser Vorstand 1971 und 1972 mit dem Schachfreund Dietger Hass führte:

Mai 1971 (Schatzmeister): "… Leider habe ich Veranlassung, Sie zu den Mitgliedern zu zählen, deren persönliche Anwesenheit an den Clubabenden selten geworden ist…"

August 1971 (Schatzmeister): "… wenigstens den Beitragsrückstand des Vorjahres einzubringen. Sie wollen mir also nicht übelnehmen, wenn ich Sie dieserhalb nochmals anschreibe… So ganz stillschweigend, wie Sie es halten, kann ich die Dinge wirklich nicht treiben lassen… zudem ich keine Merkmale verfügbar sehe, die mich veranlassen können zu glauben, daß Sie auch ohne Anmahnung eines Tages zu Ihrer Verpflichtung stehen werden…"

November 1971 (Vorsitzender): "Herr Wülfing Etter als Kassierer der Schachgruppe Siemens mitteilt mir, daß Sie bislang für die gesamte Dauer Ihrer Mitgliedschaft noch keinen Beitrag gezahlt haben… und Ihnen gleichzeitig anraten, Ihren Austritt schriftlich zu vollziehen."

Oktober 1972 (Schatzmeister): "… wurden Sie schriftlich dreimal zur Begleichung Ihrer Beitragsschuld aufgefordert. …sind Sie durch Ihren Vater verständigt worden, daß ich einmal persönlich und zweimal fernmündlich um Weitergabe unserer Bitte um Beitragszahlung gebeten habe… werde ich in der kommenden Woche einen Rechtsanwalt mit Durchführung eines Klage- oder Mahnverfahrens beauftragen. Kommen Sie am Freitag, werde ich eine vorbereitete Austrittserklärung zur Unterschrift für Sie bereit haben…"
Letzteres hat dann wohl gewirkt – in unseren Unterlagen findet sich in der Tat eine unterschriebene Austrittserklärung vom Oktober 1972.

… selbst wenn er gar nicht dem Verein angehört

Aus einem Vorstandsbeschluss von 1953:
"Wenn der ewige Gast, Herr Flick, noch einmal böse auffällt, soll ihm das Betreten der Spielräume untersagt werden."

Wir wissen nicht, was dem Gast vorzuwerfen war – aber es muss sich doch noch wiederholt haben. Im Februar 1954 erging ein Schreiben an ihn, aus dem zu zitieren ist:
"Seit Jahren sind Sie ein beinahe regelmäßiger Besucher unserer Spielabende, konnten sich … aber nie entschließen, … als ordentliches Mitglied beizutreten.
Obwohl Sie damit unsere Gastfreundschaft über Gebühr in Anspruch nahmen, ist Ihnen daraus nie ein Vorwurf entstanden.
Wenn nun … immer wieder geäußert wird, Ihr Besuch sei unerwünscht, ja gefordert wird, Ihnen den Besuch unserer Spielabende zu untersagen, dann nur, weil auch Ihr Verhalten … oft getadelt werden musste und Ihre z.T. von wenig Selbstbeherrschung und … Disziplin zeugenden Äußerungen das Ansehen unserer Schachgruppe schädigen.
Wir erwarten, daß Sie nach Erhalt dieses Schreibens zukünftig unseren Spielabenden fernbleiben."

Wieder andere wollen austreten, schaffen es aber einfach nicht

Hierzu gehört Frau Brigitte Riedel. Frau Riedel – dem Kontext nach wohl eine Künstlerin – war 1968 ins Märkische Viertel umgezogen und wollte sich einem dortigen Schachverein anschließen. Davor hatte die Schachgöttin aber noch die Abmeldung bei unserem damaligen Vorsitzenden Georg Meyer gesetzt:
"Wiederholt versuchte ich Sie telefonisch zu erreichen, aber immer vergeblich. Anschluß bekam ich nur zu dem Teilnehmer, der so wie Sie die ersten 6 Zahlen hat. Ich kam immer gar nicht mehr dazu die siebente Zahl zu wählen, immer war dieser andere Teilnehmer dran. Und dieses alles von Telefonzellen aus, weil ich … keinen eigenen Anschluß habe."
So griff Frau Riedel dann also zu Schreibmaschine und Briefpapier…


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Vereinschronik –– Übersicht: Geschichten aus der Geschichte