Trainingsmaterial Nr. 14

Inhaltsverzeichnis

Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Folge 13
Endspiel intensiv – Folge 2
Hausaufgabe
Rekorde im Schach – Folge 1
Schachlinks
Regel-Fragen – Folge 4
Final Fun




  Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Heute: Die Rochade als Gewinnzug

Natürlich gehört die Rochade zu jeder ordentlich gespielten Eröffnung. Hier geht es aber um Partien, in denen die Rochade der entscheidende Gewinnzug ist und den Gegner zur Aufgabe zwingt oder zumindest klaren Vorteil bewirkt.
Interessant sind diese Partien vor allem, weil die Rochade oft überraschend geschieht. Man darf also die spezifischen Möglichkeiten dieses besonderen Zuges nie außer Acht lassen.

Zum Auftakt gleich die wohl berühmteste Partie zu diesem Thema:
Wir sehen den Amerikaner Edward Lasker (1885 – 1981) und den Engländer George Thomas (1881 – 1972).
Lasker – Thomas, London 1912
Sehen wir uns nun einige weitere Partien an:
Griffith – Braining, England 1943
Dunbar – Schawkin, 1925
Pinkus – Fialkowski, Polen 1977

Zum Schluss 2 Partien des belgischen Großmeisters Alberic O'Kelly (1911 – 1981), der am Beginn seiner erfolgreichen Karriere stand. Er wurde später u.a. Fernschach-Weltmeister und gewann auch am Brett einige hochklassige Turniere. Zunächst sehen wir O'Kelly als Leidtragenden der überraschend starken Rochade. Ein Jahr später hatte er seine Lektion gelernt.
Feuer – O'Kelly, Lüttich 1934
de Mey – O'Kelly, Brüssel 1935




 

Endspiel intensiv
Heute: Einiges zu Läuferendspielen

Wir wollen heute 2 Themen zu Läuferendspielen besprechen.
Zunächst ein scheinbar einfacher Fall: Läufer, König und Randbauer gegen König.
Das Endspiel mit dieser Materialverteilung ist nur bei einem Randbauern interessant. Alle anderen Bauern gewinnen leicht.
Beim Randbauern aber kommt es darauf an, welche Farbe der Läufer beherrscht.


Nun zum eigentlichen Endspielthema dieses Trainings:
Endspiele mit ungleichfarbigen Läufern.
Das Material dazu befindet sich wieder in einem gesonderten Dokument.
Endspiele mit ungleichfarbigen Läufern




  Hausaufgabe

Wir lösen jetzt die Aufgabe aus Training Nr. 12 auf.
Durch eine genaue Folge von Schachgeboten konnte sich Schwarz ins Patt retten.
Lösung zur Hausaufgabe aus Nr. 12


Und hier nun die neue Aufgabe für dieses Mal.
Es handelt sich um eine relativ einfache Aufgabe zu einer Partie aus den Berliner Mannschaftskämpfen (1. Klasse). Dafür sind gleich 2 Fragen zu beantworten:
Hausaufgabe

  1. Was passiert, wenn Schwarz im 16. Zug den Bauern b2 schlägt?
  2. Wie geht die Partie nach 21. Txf7 weiter?



  Rekorde im Schach

Der Holländer Tim Krabbé ist für seine Sammlungen interessanter Schachpartien bekannt. Auf seine Homepage habe ich hier bereits mehrmals hingewiesen. Auch seine Bücher sind sehr lesenswert.
Ein Kapitel widmet sich bemerkenswerten Rekorden aus praktischen Schachpartien. Wir werden darauf heute und in weiteren Trainingseinheiten zu sprechen kommen.

Als erstes schauen wir uns die Rekorde bezüglich sehr später Rochaden an.
Besonders bemerkenswert ist die Partie mit der spätesten langen Rochade. Sie hat nämlich die Besonderheit, dass der Gegner nach der Rochade sofort aufgibt – hätte also auch in unser heutiges Kurzpartien-Kapitel gepasst, wenn sie etwas kürzer wäre ;-)
Mitenkow – Strukow, Moskau 1999
Das war also eine lange Rochade im 46. Zug.
Die späteste Rochade überhaupt ereignete sich im 48. Zug. Auch hier führte sie wenig später zum Sieg.
Neshewat – Garrison, Detroit 1994

Ein weiterer Rekord ist die Suche nach dem frühesten Patt.
Den Rekord für ernsthafte Turnierpartien halten die Italiener Sibilio und Großmeister Mariotti, die sich in einer Partie um die italienische Meisterschaft 1982 im 27. Zug mit Remis durch Patt trennten.
Sibilio – Mariotti, Italien 1982
Natürlich lässt sich ein wesentlich kürzeres Patt konstruieren, wenn man keine Ansprüche an die Qualität der Partie stellt. Der Rekord dafür liegt (soweit mir bekannt) bei 10 Zügen.
Das kürzeste Patt

Zum Schluss dieses Abschnitts zwei Rekorde, bei denen man erst einmal darauf kommen muss, nach ihnen zu suchen.
Die längste symmetrische Partie, also eine Partie in der jeder Zug von Schwarz den vorhergehenden weißen Zug kopierte, wurde in der russischen Meisterschaft 1909 zwischen Georg Rotlevi (1889 – 1920) und Moisei Eljaschow (1870 – 1919) gespielt. Nach 16 symmetrischen Zügen einigte man sich auf Remis.
Rotlevi – Eljaschow, Russland 1909
Hätten Rotlevi und Eljaschow nun im 17. Zug die Damen getauscht, wäre ihnen auch der Rekord für den schnellsten Generalabtausch (also das früheste Bauernendspiel) sicher gewesen. Dieser liegt nun noch bei 18 Zügen und wurde 1993 bei einem ungarischen Mannschaftsturnier aufgestellt.
Vamos – Reiter, Ungarn 1993




  Schachlinks

Und hier wieder der Hinweis auf einige interessante Seiten im Internet!
Zum Öffnen der Seiten bitte immer den Text im linken Tabellenfeld anklicken.

URL Erklärung
Retroschach Der Österreicher Otto Janko sammelt und erklärt auf seiner Seite eine Reihe von Retro-Aufgaben.
Schach-Varianten Englisch-sprachige Seite über eine große Zahl von Schach-Abarten
AJ Goldsby Homepage eines amerikanischen Schachmeisters. Etwas chaotisch organisiert aber mit vielen interessanten Partien, Lernstoffen und Spielerbiographien. ENGLISCH
Schach-Wörterbuch Schachbegriffe in 17 Sprachen. Das lässt keine Frage offen.



  Regel-Fragen

Und hier weitere Antworten auf Fragen zu den Turnierregeln:

Frage Antwort Hinweise
Mein Gegner hat die Uhr nicht gedrückt. Hierfür gibt es keine feste Regel, aber die Höflichkeit und Fairness gebietet es, den Gegner auf sein Versäumnis hinzuweisen. Strafe muss sein: Man kann sich mit dem Hinweis schon ein paar Minuten Zeit lassen…
Sollte sich der Vorgang wiederholen, ruft man den Schiedsrichter oder Mannschaftsleiter zur Hilfe.
Die Uhr wurde zwar gedrückt, läuft aber nicht richtig. Einmaliges (!) kurzes Hin- und Herdrücken der Uhr sollte zulässig sein. Dabei vorher deutlich sagen, was man tut: "Ich glaube die Uhr läuft nicht richtig, ich drücke nochmal drauf…"
Wenn die Uhr offenbar nicht in Ordnung ist, ruft man den Schiedsrichter zu Hilfe. Nicht selbst aufziehen!
Vorsicht bei elektronischen Uhren. Diese haben oft einen integrierten Zugzähler, der durch Hin- und Herdrücken durcheinander kommen kann. Lieber jemanden rufen, der sich damit auskennt.
Wo darf ich mich während meiner Partie aufhalten? Selbstverständlich ist das Herumgehen im Turniersaal erlaubt. Oft definiert der Ausrichter einen begrenzten Bereich, in dem sich die Spieler aufhalten dürfen. Dazu gehören natürlich Toiletten, oft ein Getränke- und Imbiss-Stand und auch eine Gelegenheit, Frischluft zu tanken. Eine Raucherecke gibt es meist auch, aber die meidet man lieber… Jedes Verhalten, das Misstrauen hervorrufen könnte, hat zu unterbleiben. Muss man aus dringenden Gründen den Spielbereich verlassen, meldet man sich unbedingt beim Schiedsrichter ab. (z. B.: "Ich habe mein Geld im Auto liegen lassen und will mir einen Kaffee kaufen.")
Sehr umsichtige Schiedsrichter haben für diesen Fall aber etwas Kleingeld dabei ;-)
Mein Gegner verlangt ein Remis wegen der 50-Züge-Regel oder 3maliger Stellungswiederholung. Ich glaube aber, dass er sich irrt.
  1. Uhr anhalten!
  2. Schiedsrichter rufen!
Beide Spieler und der Schiedsrichter versuchen, die Lage zu klären. Notfalls geht man dazu in einen anderen Raum und spielt die Partie nach. Der Gegner muss den Anspruch mit seinem eigenen Formular begründen.
Die Entscheidung obliegt allein dem Schiedsrichter.
Das Gebot der Fairness gebietet es, die Untersuchung der Dinge zu unterstützen, z. B. mit dem eigenen Partieformular.
Stellt sich der Anspruch als unbegründet heraus, werden dem Gegner 3 Minuten abgezogen und dem anderen Spieler 3 Minuten zusätzlich gegeben. Hat der betreffende Spieler nur noch 5 Minuten oder weniger Zeit, wird ihm die Hälfte der Restzeit abgezogen.
Ich fühle mich durch etwas / jemanden sehr gestört. Wende dich sofort an einen Verantwortlichen (Schiedsrichter, Betreuer). Ist niemand erreichbar, oder bist du in großer Zeitnot, so sage laut und deutlich – aber höflich – was dich stört: z. B.: "Können Sie bitte mal einen Schritt zurückgehen?"



  Final Fun

Wir haben gerade besprochen, wie man sich verhält, wenn der Gegner die Uhr nicht drückt.
Peter Köhler und Hardy Siedler haben das in "Schach für Tiefflieger" etwas anders formuliert:
Wenn Dein Gegner die Uhr zu drücken vergessen hat, so mach ihn darauf aufmerksam. – z. B. "Ich glaube, Ihr Blättchen ist gefallen. Wenn Sie da mal nicht verloren haben."

Eine kleine Anekdote zum Thema "ungleichfarbige Läufer" aus dem Endspieltraining: Ein Amateur hatte die Partie gegen einen Großmeister (leider habe ich die Namen z.Zt. nicht parat) wacker verteidigt. Er hatte einige strategische Nachteile erlitten und auch 2 Bauern eingebüßt. Doch seine letzte Hoffnung erfüllte sich: Ein Endspiel mit ungleichen Läufern. Kaum war die letzte andere Figur getauscht, konnte er nicht mehr an sich halten: "Ungleiche Läufer – Remis!" platzte er aufgeregt heraus. Der Großmeister antwortete seelenruhig "Auch die Spieler sind ungleich!" – spielte weiter, wartete auf den nächsten Fehler und – gewann.

Das folgende trug sich zu, als beim Schachspiel noch geraucht werden durfte. Neben dem Brett steht der Aschenbecher mit 2 großen, dicken Zigarren. Müller macht die lange Rochade und sagt gemütlich: "Ick rochiere". Schulze greift gedankenversunken nach der Zigarre und bläst blaue Kringel in die Luft. Aber irgendwie schmeckt sie ihm nicht, er hat nämlich Müllers Zigarre gegriffen: "Pfui Teufel, ick roooch Ihre!".
Das Wort "Rochade" leitet sich allerdings vom persischen "rokh" (= Turm, noch heute im Englischen "rook" erkennbar) her.

Aus William Hartstons Buch "How to cheat at chess" (Die Übersetzung des Titels verbietet sich hier):
"Vor einigen Jahren gab es eine Partie im Mannschaftskampf zwischen Bulgarien und der Mongolei. Der Bulgare bot Remis in seiner Muttersprache an, der Mongole verstand ihn nicht, dachte, er habe aufgegeben und schüttelte die ausgestreckte Hand. Ungefähr eine Stunde später brach ein wütender Streit los, als die beiden Mannschaftskapitäne die Diskrepanz in ihren Ergebnislisten feststellten. Angesichts der Tatsache, dass Bulgaren nur bulgarisch, Mongolen dagegen überhaupt keine bekannte Sprache sprechen, fanden es die neutralen Schiedsrichter schwierig, sich über die Fakten des Disputes Klarheit zu verschaffen. Schließlich gelang es dem bulgarischen Kapitän zu zeigen, dass sein Repräsentant unmöglicherweise aufgegeben haben konnte, als er die Hand schüttelte. "Ein Bulgare", führte er lautstark aus, "hat noch nie jemandem die Hand gereicht, der ihn gerade besiegt hat." Alle Anwesenden dachten einen Augenblick über diese Feststellung nach, konnten sich an keinen gegenteiligen Fall erinnern, akzeptierten sie somit und notierten die Partie als Remis."




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Thomas Binder, 2003