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Glanzstücke der Schachgeschichte – Folge 13
Endspiel intensiv – Folge 10
Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Folge 23
Eine berühmte Studie
Schach-Spielarten – Folge 9
Was ist eigentlich…
Nachschlag
Hausaufgabe
Wieder einmal wollen wir einige besonders attraktive Partien aus der Geschichte unseres Spiels kennenlernen. Wir verbinden
dabei den Genuss schöner Kombinationen mit dem Lern- und "Aha"-Effekt.
Ein sehr seltenes Motiv setzte der russische Großmeister Lazarev in der folgenden Partie gegen einen jungen spanischen Spieler
ein.
Lazarev – Eyo Castro Rial, Spanien 2004
Bei den häufigen Umfragen nach den schönsten Partien der Schachgeschichte wird immer wieder auf die folgende Glanzleistung
von Exweltmeister Alexander Aljechin verwiesen. Er bezwang damit seinen zweimaligen WM-Herausforderer Jefim Bogoljubow.
Bogoljubow – Aljechin, Hastings 1922
Eine seltene Ehre wurde auch der folgenden Partie zuteil. Weltmeister Anand nannte sie die beste Partie, die er je gesehen
hätte. Selbst wenn das vielleicht etwas übertrieben ist, beeindruckt es schon, wie drei schwarze Leichtfiguren (darunter
das Läuferpaar) gegen Dame, Turm und ebenfalls drei gegnerische Leichtfiguren triumphieren.
Gormally – Sutovsky, Gibraltar 2005
Ein ähnliches Urteil fällte Weltmeister Aljechin über die folgende Kombination des deutschen Meisters Hugo Hussong (1902 – 1943).
Herrmann – Hussong, Deutschland 1930
Eine bemerkenswerte Fülle von Kombinationsmotiven zeigt der Spanier Ponce-Sala in der folgenden Partie. Die Damenopfer mit
Grundreihenmatt-Drohung erinnern an die berühmte Partie Adams – Torre. Wie sehen aber auch ein Verstellungsopfer und
eine Zwickmühle. Und auch die alte Regel: "Schlage nie auf b2" bewahrheitet sich einmal mehr.
Ponce-Sala – Parpal, Barcelona 1950
Es folgen zwei herrliche Kombinationen des deutschen Meisters Ludwig Engels (1905 – 1967). Er gehörte vor allem in den 1930er
Jahren zu den stärksten Spielern unseres Landes. 1939 trug er maßgeblich dazu bei, dass Deutschland die Schacholympiade in
Buenos Aires gewann. Engels holte dabei 14 Punkte aus 16 Partien. Während des Turniers brach allerdings in Europa der Zweite
Weltkrieg aus. So blieben die deutschen Spieler in Südamerika. Engels gehörte später zu den stärksten Spielern seiner
neuen Heimat Brasilien.
Engels – Maroczy, Dresden 1936
Bei diesem Turnier in Dresden wurde Ludwig Engels Zweiter hinter Weltmeister Aljechin, dem er die einzige Niederlage zufügen
konnte. Sein Gegner in dieser Partie kam auf Platz 3.
Die folgende Partie spielte er in Südamerika gegen eine Gruppe schwächerer Spieler.
Engels – NN, 1943
Endspiele, in denen beide Seiten neben der Bauernmasse noch je eine Leichtfigur besitzen, sind relativ häufig. Es kommt
dann darauf an, die spezifischen Stärken des Läufers und des Springers zu erkennen und einzusetzen bzw. die Schwächen der
gegnerischen Leichtfigur auszunutzen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Bauernstruktur zu.
Das macht die Sache besonders schwierig: Oft muss man schon beim Abtausch im Mittelspiel erkennen, ob im verbleibenden Endspiel
ein Läufer oder ein Springer von Vorteil wäre.
Heute und in der folgenden Trainingseinheit wollen wir Endspiele untersuchen, die durch die spezifische Stärke einer Leichtfigur
entschieden werden. Zunächst sehen wir Partien, in denen sich der Läufer als überlegen erweist.
Das Trainingsmaterial befindet sich in einem eigenen Dokument:
Starker Läufer – Schwacher Springer
Das heutige Motiv sieht man (leider) recht oft, vor allem in Kinderturnieren. Es basiert darauf, einer Figur (und zwar
ausgerechnet der Dame) mit Tempo die einzige Deckung zu entreißen. Im Englischen ist dafür der schöne Begriff
removing the guard gebräuchlich.
Meist wird die Dame unter dem Vorwand eines Bauernopfers ins Zentrum gelockt. Dann wird mit Schachgebot die Deckungsfigur
- meist ein Springer – vom Brett geholt und anschließend die nun ungeschützte Dame einkassiert.
Sehen wir den Damenverlust zunächst sozusagen in Reinkultur:
Maier – Bellahcene, Frankreich 2006
Interessant hieran ist auch, dass zunächst Schwarz eine Deckungsfigur (des Bauern d4) entfernt, dann aber selbst diesem
Manöver zum Opfer fällt. Sozusagen gegenseitiges "removing the guard" – oder, wie es im deutschen Sprichwort heißt:
"Wer ander'n eine Grube gräbt…"
Zuletzt sah ich unser Motiv in einer Partie der Berliner Meisterschaft der Schüler U14.
Bissantz – Peil, Berlin 2007
Im nächsten Beispiel durfte Schwarz den angebotenen Bauern sogar schlagen, nur eben nicht mit der Dame.
Pertl – Foltyn, Tschechien 2001
Recht zahlreich sind auch die Fälle, in denen der Angriff auf die Deckungsfigur erst noch herbeigeführt werden muss.
Logischerweise muss auch das mit einem Schachgebot verbunden sein. Solche Motive ergeben sich oft bei einer typischen
Bauernstruktur aus der Französischen Verteidigung.
Haney – Boronka, USA 1999
Zum Schluss eines der seltenen Beispiele, in denen Schwarz auf bekannte Art die Dame gewinnt.
Senne – Hulm, Deutschland 2004
Der russische Studienkomponist Leonid Kubbel (1891 – 1942) hat viele interessante Schachaufgaben entwickelt. Heute sehen
wir seine wohl berühmteste Studie, die bei jungen wie erfahrenen Schachspielern immer wieder für Aufsehen und Begeisterung
sorgt.
Wenn ich sie im Training vorstelle, bringe ich zunächst zur Einführung eine "entschärfte" Version, bevor sich die ganze
Schönheit von Kubbels Geniestreich entfalten darf.
Vorstudie zu Kubbels berühmter Aufgabe
Nun setzen wir den weißen d-Bauern um ein Feld nach hinten und schon haben wir Leonid Kubbels berühmte Studie vor uns.
Das Problem ist das gleiche: Weiß hat zwar klaren Materialvorteil, muss aber den gegnerischen Freibauern aufhalten. Man
überzeugt sich leicht, dass der eben gesehene Gewinnweg diesmal nicht funktioniert – Weiß hat dafür ein Tempo zuwenig.
Studie von Leonid Kubbel, 1922
Der Autor Christian Hesse hat für den weißen Gewinnweg in dieser Studie – mit dem einleitenden völlig überraschenden
Springeropfer – eine treffende Beschreibung gefunden: Weiß begeht zunächst Selbstmord und setzt dann aus dem Jenseits noch
matt.
Beim Taschenspringerschach – englisch: Pocket Knight Chess besitzt jeder Spieler einen zusätzlichen Springer,
den er zu beliebiger Zeit statt eines gewöhnlichen Zuges auf ein freies Feld setzen kann. Die weiteren Regeln unterscheiden
sich nicht von denen herkömmlicher Partien.
Das Spiel war im frühen 20. Jahrhundert populär. Es gab vor allem in Deutschland und den Niederlanden große Turniere (Berlin, 1910
mit über 150 Teilnehmern).
Wesen des Spiels | Der zunächst nicht auf dem Brett präsente Springer muss immer in die Variantenberechnungen einbezogen werden. |
Regel-Besonderheiten | Es gelten die normalen Schach-Regeln |
Varianten |
Eine ganze Reihe im Detail abweichender Regeln ist bekannt. So kann der Taschenspringer eine zusätzliche Figur (also ein
dritter Springer) sein, oder aber zu Beginn der Partie einer der beiden "normalen" Springer vom Brett genommen werden. Auch
das Spiel mit je zwei Taschenspringern ist möglich. In der häufigsten Spielvariante darf man den Springer ohne weitere Restriktionen einsetzen. Es kann jedoch auch verboten werden, mit dem betreffenden Zug ein Schach zu bieten. Auch die Variante, dass ein Springer nicht zur Verhinderung der gegnerischen Rochade eingesetzt werden darf, ist bekannt. Schließlich ist es natürlich auch denkbar, statt des Springers eine andere Figur "aus der Tasche" zu holen. Die weitaus größte Bedeutung unter diesen Varianten hat aber das Taschenspringer-Schach erlangt. |
Internet-Link |
Auf der vorzüglichen Chessvariants-Seite gibt es auch einen Abschnitt zum Pocket Knight Chess. Dort kann man in einem
kleinen Java-Applet auch Partien gegen den Computer spielen. Pocket Knight bei Chessvariants.org |
… eine Beratungspartie? Was sonst im Schach streng verboten ist, ist hier erlaubt oder sogar gewünscht – nämlich,
dass sich die Spieler einer Seite untereinander beraten.
Es gibt verschiedene Formen von Beratungspartien:
Aber Vorsicht: Für alle Beratungspartien gilt die alte Weisheit "Viele Köche verderben den Brei."
… Complete Chess oder Advanced Chess? Beide Begriffe bezeichnen Spielarten, bei denen sich die Spieler
zwar normal am Brett gegenüber sitzen, aber zusätzlich Computerprogramme zur Hilfe nehmen dürfen. Während beim Advanced Chess
die Bedenkzeit stark eingeschränkt ist, wird Complete Chess mit klassischer Turnierbedenkzeit gespielt.
Eine interessante Variante ist auch das Dreihirn. Der Spieler benutzt zwei Schachprogramme und wählt aus deren
Vorschlägen einen Zug aus.
… eine PGN-Datei? PGN (= "portable game notation" also "transportierbare Partieaufzeichnung") ist ein Dateiformat, mit dem Schachpartien zwischen verschiedenen Rechnern ausgetauscht oder über das Internet verbreitet werden können. Alle gängigen Schachprogramme – von den Marktführern wie "Fritz" bis hin zu Freeware-Angeboten – können PGN-Dateien lesen und meist auch erzeugen. Andererseits enthält eine PGN-Datei die Partienotation auch als Klartext, kann also auch ohne jedes Schachprogramm mit einem einfachen Text-Editor gelesen werden. Wegen ihrer universellen Struktur verbinden PGNs auch Schachprogramme verschiedener Rechnerarchitekturen und Betriebssysteme. Schließlich sind sie vergleichsweise klein und daher auch für den Versand per Email bzw. den Download aus dem Internet geeignet. Die PGN-Datei der Datenbank dieser Trainingsmaterialien mit bisher knapp 1000 Partien ist nur 1 Megabyte groß – nach ZIP-Komprimierung nur ca. 400 Kilobyte.
Wieder wollen wir uns einige neue Beispiele zu bereits früher besprochenen Themen ansehen.
Zwei wichtige Themen aus Bauernendspielen – den Bauerndurchbruch und den entfernten Freibauern haben wir in
den Trainingseinheiten 15 bzw. 28 besprochen. Der niederländische Autor Tim Krabbé weist auf ein interessantes Stellungsbild
hin, das beide Motive verbindet und offenbar selbst für erfahrene Spieler schwer zu erkennen ist.
Unter den ca. 30 Fällen aus mehr oder weniger hochkarätigen Turnieren wurde nur in weniger als 10 Partien das gewinnbringende
Manöver gefunden. Es lohnt sich also, in die Feinheiten einzusteigen, damit man im richtigen Moment das Muster erkennt.
Sehen wir ein Beispiel:
Andersen – Matthiesen, Dänemark 1997
Das Motiv wurde übrigens bereits 1888 von dem Italiener Salvioli gezeigt.
Studie von Salvioli, 1888
Ein Bauern-Durchbruch war auch das Motiv, mit dem mein Gegner die folgende Partie hätte gewinnen können. Er versäumte diese
Gelegenheit. Die Partie ist in ihrer Klarheit und Berechenbarkeit aber ein sehr lehrreiches Beispiel für richtige (und
falsche) Endspielführung.
Binder – Alevizakis, Berlin 2006
Aus Trainingseinheit 22 kennen wir als wichtiges Verteidigungsmotiv den Festungsbau. Aktuell erregte ein Festungsbau
in der Partie zweier junger Top-Großmeister Aufsehen. Der erst 17jährige Sergej Karjakin verteidigte sich gegen die Nummer
11 der Weltrangliste erfolgreich, durch Aufbau einer Festung.
Radjabow – Karjakin, Niederlande 2007
Die Festung ist übrigens identisch mit jener der Partie Flohr – Lilienthal vom WM-Kandidatenturnier 1950, die wir aus Trainingseinheit
22 kennen.
Bemerkenswert ist auch, dass Schachprogramme mit solchen Stellungen noch immer ihre Probleme haben. Fritz zeigt riesigen Vorteil
für Weiß an. Spielt man die Position aber gegen ihn aus, macht er keinerlei Fortschritte.
In Trainingseinheit 38 sahen wir das Motiv der "Rolltreppe". Ein weiteres Beispiel – ähnlich dem ersten dort vorgestellten -
soll dies ergänzen.
Place – NN, Paris 1922
Und hier noch ein Nachschlag zum Thema "Kollineare Züge" aus Training Nr.40. Wieder einmal zeigt sich, wie schwer solche Züge
in der Vorausberechnung zu erkennen sind – denn hinterher ist alles ganz einfach… Der Sieger dieser Partie war der Top-Spieler
Argentiniens in den 1920er und 30er-Jahren.
Allerdings werden wir sehen, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Beide Spieler lassen bessere Chancen aus und
der vorletzte Fehler gewinnt.
Grau – Guerra, Argentinien 1921
Hier nun die Lösung zu der kleinen Knobelei aus Nr.41. Diesmal war nach Zügen gefragt, die eine einzige gegnerische Figur
zugleich fesseln und entfesseln. Man ahnt schon, dass auch hier der En-Passant-Zug im Spiel sein musste.
Der geniale holländische Autor Tim Krabbé hat auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht. Zwei Beispiele sollen solche
Situationen verdeutlichen. Sie sind über den vordergründigen Effekt hinaus auch schachlich interessant.
Die erste Stellung ist eine Aufgabe, die 1902 in Dänemark veröffentlicht wurde. Im zweiten Beispiel standen sich zwei britische
Großmeister in einer wichtigen Turnierpartie gegenüber.
Aufgabe von O. Sommerfeldt, Matt in 2 Zügen
Plaskett – Parker, England 1991
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