Typische benannte Bauernformationen

Aus bestimmten Eröffnungen ergeben sich typische Bauernformationen, die in der Folge oft während des gesamten Mittelspiels bestehen bleiben und sehr maßgeblich die Entwicklungsmöglichkeiten beider Spieler bestimmen. Aus der Bauernformation lassen sich Pläne für beide Seiten ableiten, Stärken und Schwächen erkennen. Wir wollen in einem gesonderten Beitrag eine Vielzahl benannter Bauernstrukturen vorstellen.
Wesentliche Quelle dieser Arbeit ist der Artikel "pawn structure" in der englisch-sprachigen Wikipedia.

Zu jeder Formation veranschaulichen wir die wichtigsten Kriterien mit Schaubildern. Außerdem geben wir jeweils eine von mehreren Möglichkeiten an, aus welcher Eröffnung diese Bauernformation typischerweise entsteht. Dabei kommen manchmal einige "bedeutungslose" Bauernzüge hinzu, die vom idealtypischen Bild abweichen. Auch wird in allen Fällen nur eine einseitige Sicht der Dinge vorgestellt. Die meisten dieser Formationen sind natürlich auch mit vertauschten Farben vorstellbar.

In den Diagrammen sind die wichtigen Felder und Pläne für Weiß jeweils in Grün markiert, diejenigen für Schwarz in Rot.

Bild Die Caro-Kann-Bauernformation

Diese Bauernformation deutet auf ruhiges Spiel hin.
Weiß hat auf e5 einen Vorposten für eine seiner Leichtfiguren geschaffen. Eventuell kann auch der Vorstoß d4-d5 ein Thema werden. Tauscht Weiß seinen d-Bauern gegen den schwarzen c-Bauern, erlangt er eine Bauernmehrheit am Damenflügel, was im Endspiel ein Vorteil sein sollte.
Schwarz wird versuchen den c- oder e-Bauern vorzustoßen.

Diese Bauernformation entsteht in den Hauptsystemen der Caro-Kann-Eröffnung. Sie kann auch über Französisch oder Skandinavisch erreicht werden.
Entstehung der Bauernformation aus der Caro-Kann-Eröffnung

Bild Die Slawische Bauernformation

Auch hier darf man zunächst ein Spiel ohne taktische Verwicklungen erwarten.
Weiß entwickelt Druck auf der halboffenen c-Linie. Für Schwarz stehen ähnlich zum vorhergehenden Fall die Bauerndurchbrüche c6-c5 oder e6-e5 auf dem Plan. Bei letzterem muss Schwarz aber immer einen Vorstoß des weißen d-Bauern im Auge behalten.
In manchen Varianten (etwa nach b7-b5) muss man auch auf die potentielle Schwäche des c-Bauern achten.

Neben der Slawischen Verteidigung ergibt sich eine solche Struktur auch aus Grünfeld-Indisch oder der Katalanischen Eröffnung.
Entstehung der Bauernformation aus der Slawischen Verteidigung

Bild Die Scheveninger Bauernformation

Wir kommen nun zu den typischen Bauernstruktur, die sich nach 1.e2-e4 c7-c5 aus der Sizilianischen Verteidigung ergeben. Diese wichtige Eröffnung kann von Schwarz auf sehr unterschiedliche Weise behandelt werden, was dann eben wiederum zu ganz eigenen Bauernformationen führt. Deshalb ist es sinnvoll die Sizilianischen Varianten gerade an Hand dieser Strukturen zu klassifizieren.

Die zunächst zu besprechende Struktur ergibt sich aus einem Eröffnungssystem, das nach der holländischen Stadt Scheveningen benannt ist. Auch aus anderen Varianten, wie dem Najdorf-System ergeben sich vergleichbare Strukturen. Hier kommt zusätzlich der Aufzug des schwarzen a-Bauern als prägendes Element hinzu.

Die Scheveninger Bauernformation verspricht ein scharfes Mittelspiel mit schwer überschaubaren Wechselwirkungen im Zentrum und am Königsflügel.
Weiß kann auf der d-Linie Druck machen und den e-Bauern nach e5 vorstoßen. Letzteres wird oft mit einem Bauernaufmarsch am Königsflügel (f2-f4, oft auch der g-Bauer) vorbereitet. Schwarz sucht sein Gegenspiel auf der c-Linie und macht Druck gegen die zentrale Phalanx von Weiß. Wenn es ihm gelingt, den Abtausch einer Figur auf c6 zu provozieren, erlangt Schwarz eine beeindruckende Bauernkette.

Sizilianisch – Scheveninger System
Sizilianisch – Najdorf-System

Bild Die Drachenformation

Die schon vom Namen her sehr bekannte Formation verknüpft die Sizilianische Eröffnung mit einem Königsfianchetto – also der Entwicklung des Läufers auf die lange Diagonale über das Feld g7. Dieser Ansatz ist sehr verlockend, treffen sich doch die Wirkungslinien des Drachenläufers und eines Angriffs über die halboffene c-Linie in dem oft recht verwundbaren Punkt c3.

Der Name des Drachensystems soll übrigens von der Vorstellung eines langschwänzigen Fabeltiers herrühren, dessen Kopf und Schnauze die Bauern g6 und h7 bilden, während die weitere Bauernkette eben den Schwanz darstellt.

Wie sich das Spiel aus der Drachenvariente entwickelt ist sehr maßgeblich davon abhängig, wie Weiß rochiert. Bei langer Rochade ergibt sich das für entgegengesetzte Rochaden typische scharfe Spiel. Dann bietet der Bauer auf g6 ein zusätzliches Angriffsziel etwa für einen Aufmarsch des weißen h-Bauern. Rochiert Weiß hingegen kurz, wird sich die Partie ruhiger fortsetzen.

Die Pläne beider Seiten lassen sich aus den vorherigen Betrachungen gut ableiten. Weiß wird am Königsflügel aktiv, Schwarz greift über die lange Diagonale an. Kommt es zum Endspiel, könnten die schwarzen Bauern am Damenflügel schutzbedürftig werden, aber auch die vorgepreschten weißen Bauern auf der anderen Brettseite.

Sizilianisch – Drachensystem
Die strategischen Prinzipien und Angriffsideen beider Seiten in der Drachenvariante sind so vielfältig, dass wir darauf sicher noch einmal gesondert zurückkommen.

Bild Der Maroczy-Aufbau

Schon am Namen dieser Formation scheiden sich die Geister. Die englische Bezeichnung Maroczy Bind ist so weit verbreitet, dass sich eine Übersetzung eigentlich erübrigt. Überall auf der Welt wissen Schachspieler, was damit gemeint ist.
Die Berufung auf den ungarischen Schachmeister Geza Maroczy (1870 – 1951) ist hingegen umstritten. Einige Quellen gestehen ihm herausragende Verdienste um dieses Eröffnungssystem zu, andere schreiben, er habe selbst keine einzige Partie mit dem später nach ihm benannten Aufbau gespielt.

Lange Zeit hielt man den weißen Aufbau für so stark, dass es als ernster Fehler galt, wenn Schwarz eine solche Konstellation zuließ. Die Furcht basierte dabei vor allem auf starken Positionen für die weißen Leichtfiguren. Die Läufer können über Fianchettos ins Spiel gebracht werden, das Feld e3 ist ideal für einen weißen Springer. Beide zentrale Bauern stehen bereit vorzustoßen. Schwarz wird danach trachten, die weißen Pläne frühzeitig zu durchbrechen und einen seiner Bauern im Zentrum als Rammbock einzusetzen.

Der Maroczy-Aufbau entsteht oft aus Varianten der Sizilianischen Verteidigung. Er kann aber z. B. auch aus halb-geschlossenen ("indischen") Systemen erreicht werden.

Maroczy-Aufbau aus einer eher seltenen Variante der Sizilianischen Eröffnung
Die hier gezeigte Zugfolge ist nicht der häufigste Weg zum Maroczy-Aufbau, wird aber exemplarisch vorgestellt, weil er die "übrigen" Bauernzüge möglichst lange aufschiebt.
Als Freund des Morra-Gambits lässt sich ihr Autor nicht nehmen, auf eine Zugfolge wie 1.e2-e4 e7-e5 2.d2-d4 c5xd4 3.c2-c3 d4-d3 4.Lf1xd3 Sb8-c6 5.c3-c4 zu verweisen.

Bild Die Igel-Formation

Mit dem universellen Eröffnungskonzept des Igel-Aufbaus (engl. Hedgehog) haben wir uns in Trainingseinheit 48 ausführlich beschäftigt.
Natürlich darf diese Bauernformation hier nicht fehlen.
Da es gerade das Merkmal des Igel-Aufbaus ist, dass sich Schwarz die Wahl offenhält, wo und wann er seine Stacheln ausfährt, verzichten wir hier auf die Darstellung "typischer" Entwicklungswege. Das gilt in gewissem Sinne auch für Weiß, auf dessen Aufstellung Schwarz beim Beziehen der Igel-Stellung nur begrenzt Rücksicht nehmen muss.

Igel-Aufbau aus der Sizilianischen Verteidigung (Taimanow-Variante)

Bild Der Boleslawski-Aufbau

Der originale englische Titel "Boleslavsky hole" könnte zu zweideutigen Übersetzungen verleiten, weshalb wir hier eine andere Überschrift gewählt haben.
So oder so – gemeint ist das Feld d5, um welches in der Folge der Kampf entbrennen wird. Gelingt es Weiß, dieses Feld mit einem Springer zu besetzen, kann er auf dauerhaften Vorteil hoffen. Schwarz hingegen strebt den Bauerndurchbruch d6-d5 an.
Dieser schwarze d-Bauer ist natürlich ein weiteres weißes Angriffsziel solange er rückständig bleibt.
Schwarz kann seinen Damenläufer gut auf e6 postieren oder auf b7 fianchettieren. Der König hingegen bleibt oft lange im Zentrum, wo er recht sicher steht.

Diese Variante ist nach dem sowjetischen Spieler Isaak Boleslawski (1919 – 1977) benannt, der unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg zu den besten Spielern der Welt zählte.
Boleslawkski-Variante der Sizilianischen Verteidigung

Bild Geschlossen-Sizilianische Bauernformation

Auch die relativ selten gespielte geschlossene Behandlung der Sizilianischen Verteidigung führt zu typischen Bauernmustern.
Die jeweils am weitesten vorgerückten Bauern zeigen dabei die Richtung des zu erwartenden Angriffs an. Für Weiß geht es gegen den gegnerischen Königsflügel.

Schwarz hingegen richtet sein Spiel gegen den weißen Damenflügel. Dabei kann sich der Nachziehende aus dem ganzen Repertoire gängiger Aufbauten bedienen. Er kann sich z. B. sogar am Drachensystem orientieren. Typische Verfahren beider Seiten sind daher schwer zu benennen. Der geschlossene Charakter der Stellung erlaubt es beiden Spielern, zunächst in aller Ruhe ihre Figuren in Stellung zu bringen.

Das abgebildete Bauernschema ist daher nur eine Orientierung. In der Regel gibt es frühzeitig einige weitere Bauernzüge.

Geschlossene Variante der Sizilianischen Verteidigung

Bild Die Bauernkette mit Vorposten auf d5

Es gilt die Regel – oder ist es ein Gerücht? – dass die Richtung einer Bauernkette vorgibt, in welcher Weise sich der Angriff fortsetzen wird.
Mit einem weißen Bauernvorposten auf d5 ist offensichtlich, dass der Anziehende am Damenflügel aktiv werden wird. Hier besitzt er Raumvorteil.
Die schwarzen Bauern hingegen zielen auf die weiße Rochadestellung. Hier bieten sich zahlreiche Bauernvorstöße an, so mit dem f- oder g-Bauern.

Unter den üblichen Eröffnungen, die zu dieser Struktur führen können, sei auf die Königsindische Verteidigung, die Benoni-Verteidigung oder auch die Spanische Partie verwiesen.

Die englische Wikipedia spricht gar von einem Wettlauf beider Seiten um die möglichen Bauerndurchbrüche.

Im folgenden Eröffnungsbeispiel kommt auf jeder Seite ein Bauernzug (g7-g6 bzw. c2-c4) hinzu, was jedoch dem Charakter der Stellung seine Eigenheiten nicht nimmt.
Königsindische Verteidigung – Klassische Variante

Bild Die Bauernkette mit Vorposten auf e5

Blickt man auf dieses Bild, so denkt man sofort an die Französische Verteidigung.
In vielen Systemen dieser populären Eröffnung spielt Weiß den einengenden Vorstoß nach e5. Ein geradezu prägendes Merkmal dieser Stellungen ist der eingesperrte "französische" Läufer auf c8. Solange Schwarz dessen Probleme nicht lösen kann, darf Weiß auf einen erfolgreichen Angriff am Königsflügel hoffen. Zahlreiche Gambitvarianten versuchen, diesen Angriff zu beschleunigen.

Andererseits ist die weiße Bauernformation auf e5 und d4 recht anfällig. Wenn Schwarz zu c7-c5 und Sb8-c6 kommt, kann es passieren, dass sich dieses Bauernzentrum förmlich in Luft auflöst.

Französische Verteidigung – eines der Hauptsysteme

Bild Die Rauser-Formation

Namenspatron dieses Aufbaus ist der Russe Wsewolod Rauser (1908 – 1941).

Wir sehen eine Bauernformation vor uns, die für beide Seiten recht interessante Optionen offenbart. Weiß kann das ungeschützte Feld d6 mit einer Figur (etwa ein Turm) besetzen. Bringt er seinen Läufer auf die Diagonale a3-f8, so kontrolliert er dieses Feld zusätzlich. Zusätzlich kann der Bauernvorstoß c4-c5 ins Blickfeld kommen.

Auf der Gegenseite hat Schwarz ein erstrebenswertes Feld für seine Figuren mit d4 gefunden. Auch f4 ist ein lohnendes Ziel. Oft sieht man die Idee, den schwarzen Königsläufer zunächst nach g7 zu fianchettieren, dann aber nach f8 zurück zu ziehen. Dort neutralisiert er den weißen Druck auf dieser Diagonalen.

Den Rauser-Aufbau kann man u.a. über die Spanische oder Königsindische Verteidigung erreichen. Wir sehen ein Königsindisches Beispiel, daher natürlich auch das Fianchetto auf der schwarzen Königsseite.
Rauser-Formation aus der Königsindischen Verteidigung

Bild Boleslawskis Mauer

Auch diese Formation ist mit dem Namen von Isaak Boleslawski verbunden.

Das Spiel entwickelt sich hier meist recht langsam. Wie bei vielen anderen Strukturen versucht Weiß, die Schwäche des Bauern d6 auszunutzen.
Schwarz wird die weißen Bauern c4 und e4 angreifen und seinerseits einen zentralen Durchbruch versuchen.

Dabei hat Schwarz die komfortable Wahl, auf welchen Flügel er sein Spiel konzentriert.

Die betrachtete Bauernstruktur kann sich aus verschiedenen Eröffnungen ergeben. Neben Indischen Systemen befinden sich darunter die Pirc-Verteidigung sowie die Spanische und die Englische Eröffnung.
Boleslawskis Mauer aus der Altindischen Verteidigung

Bild Der Isolierte Damenbauer

Der isolierte Bauer auf der d-Linie gehört zu den am besten erforschten und am häufigsten behandelten Themen der gesamten Schachstrategie. Ganze Bücher sind zu diesem Thema geschrieben worden. Sicher werden wir auch im Rahmen des Herderschach-Trainingsmaterials noch einmal darauf zu sprechen kommen.

Soweit wir vom weißen "Isolani" auf d4 sprechen, entwickelt sich das Spiel rund um das davor liegende Feld d5. Weiß möchte seinen Bauern dorthin vorstoßen. Schwarz nutzt das Feld d5 als Blockadeposition. Eine dort stehende Figur kann ja nicht von gegnerischen Bauern vertrieben werden. Die Blockade des isolierten Bauern mit einer Leichtfigur ist mithin das zentrale Thema in diesem Stellungstyp.

Weiß hingegen trachtet danach diesen Bauern vorzustoßen, eventuell ihn dabei auch zu opfern. Damit öffnen sich bei richtigem Spiel Angriffslinien für die eigenen Figuren.

Eine Faustregel knüpft die Bewertung eines isolierten Bauern daran, wieviele Leichtfiguren noch auf dem Brett sind. Haben beide Seiten noch alle leichten Figuren, so gilt der isolierte Damenbauer als Vorteil. Bei je drei Leichtfiguren heben sich Stärken und Schwächen in der Regel auf. Ist der Abtausch der Springer und Läufer noch weiter fortgeschritten, gilt der isolierte Bauer als nachteilig – im Endspiel kann er eine entscheidende Schwäche sein.

Stellungen mit isoliertem Damenbauer ergeben sich aus vielen Eröffnungssystemen, zumal zwischen diesen auch Übergänge möglich sind. Besonders häufig sieht man sie im Damenbauernspiel (Damengambit, Slawisch). In unserem Beispiel entsteht die Konstellation in einer Partie, die scheinbar als Caro-Kann beginnt und dann in eine Slawische Abtauschvariante wechselt.
Isolierter Damenbauer

Bild Die Karlsbader Bauernstruktur

Ähnliche Berühmtheit hat die Karlsbader Bauernstruktur erlangt. Ihren Namen erhielt sie nach dem Großmeisterturnier 1923 in der tschechischen Stadt Karlsbad, wo sich auffällig viele Partien mit dieser Entwicklung ergaben.

Die Analogie über die Vorgabe der Stoßrichtung aus der Lage des Bauernkeils kann uns auch hier bei der Feststellung der beiderseitigen Pläne helfen. Weiß wird am Damenflügel aktiv, oft in Form eines "Minoritätsangriffs". Schwarz hat den gegnerischen König im Visier. Dabei kann ihm ein Läufer auf der Diagonale c8-h3 gute Dienste leisten.

Die Karlsbader Struktur ergibt sich z. B. aus der Abtauschvariante des Damengambits. Auch über Nimzowitsch-Indisch, Grünfeld-Verteidigung oder Caro-Kann kann man zu dieser Formation gelangen.
Unsere Beispielpartie beginnt mit den Zügen, die 1923 vor allem zur Debatte standen.
Karlsbader Bauernstruktur

Bild Hängende Bauern

Zur Erinnerung: Als "hängende" Bauern, bezeichnen wir zwei Bauern, die nebeneinander stehen und keinen Schutz mehr von hinter ihnen stehenden eigenen Bauern erhoffen können. Es ist also gewissermaßen ein isoliertes Bauernpaar. Zieht einer der beiden Bauern vor, wird sein Partner zum rückständigen Bauern.
Hängende Bauern haben oft für lange Zeit Bestand. Sie sind somit nicht nur ein Merkmal zur Beurteilung des Eröffnungsverlaufs, sondern werden manchmal bis ins Endspiel konserviert.

Zentraler Aspekt des Spiels mit dieser Formation ist es für Schwarz, das Vorrücken eines der Bauern zu provozieren. Dann strebt er eine permanente Blockade auf dem Feld vor dem rückständigen Bauern an. Durch einen Abtausch kann sich außerdem ein echter isolierter Bauer ergeben.
Weiß hingegen wird bestrebt sein, die Bauern in ihrer jetzigen Formation zu belassen. Sie kontrollieren das Zentrum und unterstützen damit einen möglichen Königsangriff.

Hängende Bauern in der hier beschriebenen Form ergeben sich aus vielen geschlossenen Eröffnungen. Dabei ist erneut das Damengambit besonders häufig vertreten. Unser Beispiel zeigt hingegen einen eher unorthodoxen Weg zur hängenden Formation.
Hängende Bauern

Bild Die Panow-Formation

Diese charakteristische Bauernformation ist weniger mit einer Person verbunden, als mit der nach dieser benannten Eröffnungsvariante. Wir reden vom Panow-Angriff, einer der wichtigsten Spielweisen gegen die sehr beliebte Caro-Kann-Verteidigung. Der Panow-Aufbau kann auch aus anderen Eröffnungen entstehen, etwa dem Skandinavischen Gambit, dem Damengambit oder der Aljechin-Verteidigung. Seinen Namen verdankt er dem russischen Schachmeister und -autor Wassili Panow (1906 – 1973).

Weiß stützt sich hier auf seinen Raumvorteil am Damenflügel. Insbesondere kontrolliert er das Feld d6, welches im Idealfall mit einer eigenen Leichtfigur besetzt werden kann. Schwarz hat einen ähnlichen Stützpunkt auf e4. Sein Bestreben ist es außerdem die Bauernkette mit e6-e5 oder gar mit dem b-Bauern zu sprengen. Dann kann der vorgepreschte weiße Bauer auch zur Schwäche werden.

Der Panow-Angriff

Bild Der Stonewall

Die martialische Bezeichnung gilt einer Bauernformation, die sich fast ausschließlich über eine bestimmte Variante der Holländischen Verteidigung ergibt. Die dabei entstehenden unbeweglichen Bauernketten im Zentrum prägen das Geschehen für lange Zeit.
Weil im Zentrum nicht viel passieren kann, verlagert sich das Spiel auf die Flügel. Insbesondere Schwarz plant Aktivität am Königsflügel. Exweltmeister Botwinnik galt als ein besonderer Könner dieses Vorgehens. Sein Standardplan bestand darin, den Königsläufer nach e7 zu stellen und die Dame über e8 nach h5 in Stellung zu bringen.

Im Zentrum besitzen beide Spieler ein sicheres Feld für ihre Leichtfiguren. Kommt es dort zu einem Abtausch, kann sich der Charakter der Stellung plötzlich wandeln, je nachdem, mit welchem Bauern zurück geschlagen wird.
Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht darin, dass beide Seiten einen "schlechten" Läufer haben, der hinter der eigenen Bauernkette gefangen ist. Diesen Läufer günstig abzutauschen ist ein wichtiges Ziel für beide Spieler.

Die Stonewall-Variante der Holländischen Verteidigung ist heute ein seltener Gast im hochwertigen Turnierschach.
Der Stonewall-Aufbau

© Weitergabe und -verwendung nur nach ausdrücklicher Zustimmung.
Thomas Binder, 2014