Laude,Fabian – Hirsch,Thomas (1572)
BJEM u16 2006 Berlin, 29.01.2006



1.e4 c5 2.c4 Sc6 3.Sc3 g6 4.g3 Lg7 5.Lg2 e6 6.Sf3 Sge7 7.0-0 0-0 8.d3 d5 9.exd5 exd5 10.cxd5 Sxd5 11.Sxd5 Dxd5 12.Sg5
In der Eröffnung haben beide Spieler frühzeitig improvisiert. Aber bis hier wird man selbst in den Datenbanken noch fündig. Es war jedenfalls noch nicht viel los und die Stellung kann als ausgeglichen gelten. Allenfalls der isolierte d-Bauer ist eine kleine Schwäche im weißen Aufbau.

12…Dd8 13.Te1 Te8
[Mit 13…Sb4 konnte Schwarz sofort auf die Schwäche von d3 hinweisen. 14.Lf1 Lf5 ]

14.Txe8+ Dxe8 15.Ld2?!
Jetzt ist Fabian in seinem Element: Die Eröffnung ist ohne großen Schaden überstanden und nun kann man Angriffsschach spielen. Im Moment verfügt Weiß über die etwas bessere Entwicklung und da kommt ein Bauernopfer gerade recht.

15…Lxb2 16.Tb1 Lg7 17.Db3 Sd4 18.Dd5 Df8 19.Te1
Objektiv mag sich das Bauernopfer nicht ganz ausgezahlt haben, aber Weiß besitzt die Initiative und Schwarz kann schnell ins Stolpern kommen.

19…Tb8??
Die Turmstellung auf b8 wird Schwarz bald bedauern, aber der Zug hätte auch sofort taktisch widerlegt werden können.
[Unbedingt notwendig war es, unter Rückgabe des Mehrbauern die Entwicklung zu beenden, z.B 19…Lf5 20.Dxb7 Td8 21.Dxa7 Sb5 22.Da5 Lxd3 ]

20.Lf4!?
Das Zweitbeste!
[Möglich war bereits 20.Sxf7! Le6 (20…Dxf7!? 21.Te8+ Lf8 22.Txf8+ Kxf8 23.Dxc5+ Ke8 24.De5+ Se6 25.Dxb8 ) 21.Sh6+ Kh8 (21…Lxh6 22.Txe6 Sxe6 23.Dxe6+ Kh8 24.Lxh6 Dxh6 25.De5+ ) 22.Txe6 Sxe6 23.Dxe6 Te8 (23…Lxh6? 24.Lxh6 Dxh6? 25.De5+ ) 24.Sf7+ Kg8 25.Db3 Te2 (25…Dxf7 26.Ld5 ) 26.Sg5+ Kh8 27.Le3 ]

20…Le6
Andere Züge verlieren bereits entscheidend Material. [20…Ta8 21.Ld6 Le6 22.Lxf8 Lxd5 23.Lxg7 Kxg7 (23…Lxg2 24.Lxd4 cxd4 25.Kxg2 ) 24.Lxd5 ]

21.Sxe6 fxe6 22.Txe6!
Fabian spielt seine Stärke aus, die im phantasievollen Angriffsspiel liegt.

22…Df7??
[Das kleinere Übel war 22…Sxe6 23.Dxe6+ Kh8 24.Lxb8 Dxb8 25.Lxb7! und 25…Dxb7?? scheitert natürlich an 26.De8+ Lf8 27.Dxf8# ]

23.Lxb8?
[Die sofortige Entscheidung wäre nun 23.Te7! Dxd5 24.Lxd5+ Kf8 25.Tf7+ Ke8 26.Lxb8 und Weiß erobert den Turm umsonst.]

23…Sxe6 24.Dxb7 Dxb7 25.Lxb7 a5 26.Ld5 Kf7
Wir haben eine neue Partiephase erreicht. Nach dem taktisch geprägten Mittelspiel sind wir nun in einem komplizierten Endspiel. Weiß hat mit dem Mehrbauern und dem Läuferpaar klare Vorteile auf seiner Seite. Aber in einem solchen Enspiel spielen Wissen und Erfahrung eine große Rolle – und da hat der Gegner unserem Fabian sicher vieles voraus. Der Trainer machte sich also hier durchaus noch Sorgen um den Ausgang der Partie.

27.a4 Ke7 28.Lxe6?
Auch so bleibt es ein für Weiß vorteilhaftes Endspiel, aber das Läuferpaar sollte man sich schon erhalten.

28…Kxe6 29.f4 Kd5 30.Kf2 c4 31.Ke2 c3?
Das sieht verlockend aus, dürfte aber zu optimistisch sein. [31…Kd4 32.Lc7 cxd3+ 33.Kd2 Ke4 34.Lxa5 Ld4 und es ist sehr fraglich, ob Weiß noch gewinnen kann.]

32.Kd1 Ld4 33.Kc2 Lg1
Auch die Aufstellung der weißen Bauern am Königsflügel vergrößerte das Vertrauen in die weißen Chancen bei den Beobachtern nicht unbedingt.

34.h3 Lh2 35.Lc7 Lxg3 36.Lxa5 Lxf4
Immer noch ein sehr kompliziertes Endspiel: Der schwarze Bauer c3 wird fallen, aber am Königsflügel dürfte ein Freibauer entstehen. Weiß hat dann 2 Freibauern und sieht dem Wettrennen optimistisch entgegen.

37.Lb6 Lg5!?
[Die logischere Fortsetzung war 37…Ld2 38.a5 Kc6 39.Ld4 Kb5 40.Lxc3 Lf4 41.d4 ]

38.Kxc3 h5 39.a5 Kc6 40.d4 Le7 41.Kc4 g5 42.d5+ Kb7 43.Kb5
[Der direkte Weg zum Ziel besteht in 43.Lc5 Ld8 44.Kb5 g4 45.a6+ Ka8 46.hxg4 hxg4 47.d6 g3 48.d7 Lh4 49.Kc6 Lf6 50.Ld6 g2 51.Lc5 Ld8 52.a7 La5 53.Kd5 Wir werden auf ähnliche Stellungen noch zurück kommen.]

43…g4 44.a6+ Ka8 45.hxg4 hxg4
Fritz sieht Weiß in dieser Stellung klar im Vorteil. Aber ganz so einfach ist die Sache nicht: Wenn Schwarz seinen Läufer für den d-Bauern opfern kann, bleibt Weiß mit Randbauer und falschem Läufer nur ein Remis. Andererseits ist nicht zu sehen, wie Fabian den d-Bauern flott bekommt, ohne diese Möglichkeit zuzulassen. Eine Stellung mit schwarzem Bauern auf g3 und Läufer auf der Diagonale b8-f4 dürfte also felsenfest remis sein.

46.Lc5??
Fabian hat das Problem erkannt und will jetzt seinem Bauern den Weg bereiten. Doch bei der Vorberechnung hätte man sehen müssen, dass Schwarz mit Schach einzieht und danach mindestens Remis hält. Dass im konkreten Fall noch mehr möglich ist, kann man schon mal übersehen…
[Praktische Chancen bestanden vor allem in 46.Lc7 z. B. 46…Lh4? (Doch wenn Schwarz weiter stillhält, wird Weiß kaum gewinnen können 46…Ka7 47.Lg3 Ka8 48.Kb6 (48.Kc6 Ka7 ) 48…Ld8+ 49.Kc6 Le7 50.Le5 Ka7 51.Kb5 ) 47.Le5 g3? (47…Le7!? ) 48.d6 g2 49.Ld4 Lg3 50.d7 Lh4 51.a7 und Weiß gewinnt mit der Königswanderung zum g-Bauern.]

46…Lh4??
Schwarz verlässt die wichtige Sperrdiagonale und gerät damit endgültig auf die Verliererstraße.
[Da alles andere offensichtlich aussichtslos ist, hätte Schwarz auf jeden Fall die Läufer tauschen sollen. Man sollte zumindest so weit berechnen können, dass Schwarz zuerst – und zwar mit Schach – einzieht. Selbst wenn man dann die eigentliche Pointe nicht erkennt, war dies der einzig vernünftige Weg. 46…Lxc5 47.Kxc5 g3 48.d6 g2 49.d7 g1D+
Nun möchte man immer noch an Remis glauben, doch eine versteckte Pointe garantiert dem Nachziehenden gar den Sieg. 50.Kc6!? (Wenn man auf die andere Seite geht, wird der d-Bauer nicht zu halten sein. 50.Kd6 Dg5 51.Ke6 Ka7 52.Kd6 Kxa6 53.Kc6 Dd8 54.Kd6 Kb5 55.Ke6 Kc5 56.Ke5 Dxd7 ) 50…Dd4 51.Kc7 (51.a7 Kxa7 52.Kc7 Dc5+ 53.Kd8 De5! Zugzwang 54.Kc8 Db8# ) 51…Dc5+ 52.Kd8 De5! Zugzwang 53.a7 (53.Kc8 Db8# ) 53…Kxa7 54.Kc8 Zugzwang 54…Db8# ]

47.d6
Nun ist alles in Ordnung. Die beiden weißen Bauern haben genau den richtigen Abstand, dass der schwarze König sie nicht allein aufhalten kann.

47…g3 48.d7 g2
[48…Ld8 49.Ld6 g2 50.Lc5 Lc7 51.Kc6 Ld8 52.Kd5 und Weiß gewinnt wie im Partieverlauf.]

49.Kc6 Ld8 50.Kd5!
Zum Abschluss noch eine nette Idee: Der König läuft über das ganze Brett, holt sich den g-Bauern ab und kehrt dann zu den eigenen Bauern zurück. Schwarz muss tatenlos zusehen.

50…Kb8 51.Ke4 Kc7 52.Kf3 Le7
[52…Kxd7?? 53.a7 ]

53.a7!
[Aber nicht 53.Lxe7?? Kxd7! 54.Kxg2 Kc7 remis]

53…Lxc5??
führt zu einem Kurzschluss – aber Schwarz war nicht mehr zu retten.
[Die oben angedeutete thematische Idee bestand etwa in 53…Kb7 54.Kxg2 Ld8 55.Kf3 Lc7 56.Ke4 Ld8 57.Kd5 Ka8 58.Kc6 Lb6 59.Ld6 (59.Lxb6?? patt) 59…Ld8 60.Lc7 Lg5 61.Lb6 Lf6 62.Kc7 Lh4 63.Kc8 Le7 64.Lc7 Lf6 65.Ld8 Ld4 66.Le7 Lb6 67.Ld6 Kxa7 68.Lc7 ]

54.a8D g1D
[Oder 54…g1S+ 55.Ke4 Kxd7 56.Kd5 mit leichtem Sieg.]

55.d8D# 1-0