1.e4
e5
2.Sf3
Sc6
3.Lc4
Lc5
4.c3
Sf6
5.d4
exd4
6.cxd4
Lb4+
7.Sc3
Sxe4
8.0-0
Wir sind in der Hauptvariante der Italienischen Partie. Für eine Partie zweier Zehnjähriger ist es schon mal beachtlich, dass so lange "Theorie" gespielt wird – wohlgemerkt: Keine auswendig gelernte Theorie sondern intuitiv natürliche Züge.
8…Sxc3
[Häufiger spielt man 8…Lxc3
, was nach 9.d5
zum Möller-Angriff führt.]
9.bxc3
Lxc3?
Die Eröffnungstheorie brandmarkt diesen Zug als Fehler. Fritz sieht die Stellung als absolut ausgeglichen. Was sollen sich da zwei Zehnjährige auskennen? Auf jeden Fall ist die Sache verdächtig: Für die 2 Bauern hat Weiß die bessere Entwicklung, hat bereits rochiert und reichlich Angriffsmotive. [Theorievariante ist wohl 9…d5
10.cxb4
dxc4
11.Te1+
Se7
12.Lg5
f6
]
10.Tb1?
Das ist nun auf jeden Fall nur zweitklassig. Aber wer will in dieser Altersklasse verlangen, dass man die richtige Abwicklung kennt oder am Brett findet? [10.La3
Unter den vielen Möglichkeiten, die Fritz-Analyse und Lehrbücher hier hergeben, ist wohl dieser Zug der beste. Auch Eriks Trainer packten ihn in der Analyse nach der Partie aus. 10…d5
nur damit kann sich Schwarz notdürftig über Wasser halten. (10…d6
11.Tc1
La5
12.Da4
Ld7
(12…a6
13.Ld5
Lb6
14.Txc6
Ld7!?
15.Te1+
Kf8
16.Txd6
cxd6
17.Lxd6+
Kg8
18.Lxf7+
Kxf7
19.Se5+
Kf6
(19…Kg8
20.Db3+
Le6
21.Dxe6#
) 20.Sxd7+
Kg6
21.Dc2+
Kh6
22.Lf4+
g5
23.Te6+
Kg7
24.Le5+
) 13.d5
Se5
14.Dxa5
;
10…Lxa1?
Schwer zu sagen, ob Robin dieser Versuchung widerstanden hätte. 11.Te1+
Se7
12.Lxe7
Dxe7
13.Dxa1
f6
14.Txe7+
Kxe7
15.De1+
) ;
In Frage kommt ebenfalls 10.Db3
d5
(10…Lxa1?
11.Lxf7+
Kf8
12.Lg5
Se7
13.Txa1
d5
14.Te1
und Weiß gewinnt.) 11.Dxc3
dxc4
12.d5
Se7
13.Te1
0-0
14.La3
Te8
mit leichtem weißen Vorteil.]
10…0-0
11.Le3
[Gut ist auch 11.Lg5
mit weiteren halsbrecherischen Verwicklungen. 11…De8
12.Dd3
d5
(12…La5?
13.Tfe1
Lxe1
14.Txe1
Dxe1+
15.Sxe1
d6
) 13.Lxd5
Sb4
14.Lxf7+
Dxf7
15.Dxc3
Sd5
]
11…d5
12.Ld3
Ziehen wir eine erste Bilanz: Weiß hat noch immer 2 Bauern weniger, kann aber auf seine bessere Entwicklung pochen. Auch stehen seine Figuren günstiger zum Königsangriff ausgerichtet. Schwarz hat mit den beiden letzten Zügen den Entwicklungsrückstand aufgeholt. Doch Sorgen macht uns der Läufer c3, welcher ungedeckt in Feindesland steht. Es war jetzt an der Zeit, ihn auf sicherem Weg über b4 und d6 nach Hause zu holen. Aber Rückzüge sind Robins Sache nicht ;-)
12…Sb4?!
[12…Lb4
13.Dc2
h6
14.Lb5
Ld6
15.Lxc6
bxc6
und Schwarz kann optimistisch in die Zukunft blicken.]
13.Db3
Sxd3
14.Dxc3
Schon wieder steht eine schwarze Figur ungedeckt im Lager des Gegners. Zudem hat der Springer auf lange Sicht keine Rückzugsfelder. Da er jetzt mit dem Läufer gedeckt werden muss, gehen mindestens 2 Bauern verloren.
14…Lf5
[Die Alternative 14…Df6
15.Dxd3
Lf5
16.Db3
Lxb1
17.Txb1
ist nicht ganz ausreichend.]
15.Txb7
c6?!
Eine interessante Idee. Robin hat erkannt, dass der c-Bauer nicht zu halten ist und will nun vermeiden, dass sich Weiß mit Dame und Turm auf der 7. Reihe festsetzt. [15…a5
war sicher objektiv besser.]
16.Dxc6
Tc8
17.Da6
Nun steht Weiß schon etwas besser, da er gute Chancen hat, auch noch den a-Bauern zu erobern.
17…Le4
Auf jeden Fall in der praktischen Partie eine richtige Entscheidung. Nur, wenn er am Königsflügel Druck macht und Schwächen provoziert, kann Schwarz noch etwas erreichen.
Wir haben eine Stellung mit beiderseitigen Chancen vor uns. Der bessere Spieler wird gewinnen.
18.Td1
Angriff auf den Springer d3.
18…Tc3
19.h3?
Meines Erachtens der nächste Wendepunkt dieser interessanten Partie. Ohne Not schwächt Weiß seine Königsstellung. [Das in der Analyse zunächst vorgeschlagene 19.Se5?
ist keine gute Idee. 19…Sxe5
20.dxe5
Dc8
mit vielfältigen Drohungen wie z. B. d5-d4 (Doppelangriff gegen b7 und e3) oder Dc8-g4 (Doppelangriff gegen g2 und d1). Am besten ist wohl 19.Se1
worauf sich alle Beteiligten in der Analyse nach der Partie einigten.]
19…Dc8!
Egal, was Fritz hier vorschlägt – für mich ist das ein sehr starker, durchdachter Zug. Die gegnerische Dame wird an die Verteidigung des Turmes gebunden und der Bauer h3 gerät ins Visier.
20.Ld2??
Unter unangenehmem Druck begeht Weiß den vorentscheidenden Fehler. Aber man behalte immer im Kopf, dass hier zwei zehnjährige Schüler kämpfen. [Hoffnung auf weißen Vorteil begründet nur noch 20.Txa7
Df5
21.Se1
Sxe1
22.Txe1
Tfc8
und Schwarz hat zunächst einige Kompensation für den Bauern. Interessante Abspiele mit letztlich ausgeglichener Stellung entstehen nach 20.Sg5
Sxf2
21.Lxf2
(21.Kxf2
Df5+
22.Sf3
Lxf3
23.gxf3
Dxh3
24.Dd6
Dh4+
25.Dg3
Dxg3+
26.Kxg3
Txe3
27.Txa7
) 21…Tc1
22.Txc1
Dxc1+
23.Df1
Dxg5
24.Txa7
]
20…Lxf3
[Sehr gut war auch der Tempogewinn 20…Tc6
21.Db5
Lxf3
22.Dxd3
(22.gxf3
Tg6+
23.Kf1
(23.Kh2
Sxf2
) 23…Dxh3+
) 22…Lxd1
23.Txa7
]
21.gxf3
[21.Lxc3
Lxd1
22.Dxd3
Dxb7
23.Dxd1
verliert nicht so drastisch wie die Partiefolge, ist aber letztlich auch klar vorteilhaft für Schwarz.]
21…Tc6
22.Dxa7
[22.Dxd3
Dxb7
hält natürlich länger Stand.]
22…h6?
Upps – ein Strauchler kurz vor dem Ziel? Robin erklärte mir nach der Partie, dass er eben sicher sein wollte, dass auf der Grundreihe nichts anbrennt. Aber diese Vorsicht war unnötig. [22…Tg6+
klärt die Fronten sofort.]
23.Kg2?
Weiß revanchiert sich. Hat Erik die Partie gedanklich schon aufgegeben?
[23.Tb6
bringt die 6. Reihe unter Kontrolle und erschwert den schwarzen Angriff erheblich. 23…Txb6
24.Dxb6
Dxh3
25.Db3
Dxf3
26.Le3
Sb2
Der Springer hatte noch immer kein Rückzugsfeld!! Nur dieser Kunstgriff rettet ihn. 27.Tc1
(27.Dxb2?
Dxd1+
) 27…Sc4
]
23…Tg6+
24.Kh2
[Bei 24.Kf1
hat Schwarz verschiedene Gewinnwege. Am genauesten ist 24…Se5!
(24…Dxh3+
25.Ke2
Sxf2
26.Kxf2
Te8
27.Te7
(sonst matt) 27…Dh4+
28.Kf1
Txe7
gewinnt schließlich auch.) 25.dxe5?
scheitert an 25…Dc4+
26.Ke1
Tg1#
]
24…Sxf2
Diese Stellung zu sehen, war für den beobachtenden Trainer natürlich eine unbeschreibliche Freude. Die Partie wird durch eine nette Gabel aus Turmangriff und Mattdrohung entschieden.
25.Td7
Einziger Zug gegen das sofortige Matt auf h3.
25…Sxd1
26.Lb4
führt zum schnellen Matt, aber Weiß war natürlich nicht mehr zu retten.
26…Dc2+
27.Ld2
Dxd2+
28.Kh1
Dg2#
0-1