Unser Team in der WK-III 2023

Bild In den letzten Jahren war es unser Anspruch, bei Deutschen Meisterschaften um die Medaillen oder Siegertitel mitzuspielen. Doch wir wissen unsere jeweilige Position realistisch einzuschätzen. So ist unser primäres Ziel immer eine Platzierung, die den Rang der Startsetzliste mindestens bestätigt. Bei jetzt 18 Teilnahmen (plus der wegen Corona nicht wahrnehmbaren Qualifikation 2020) haben wir dieses Ziel nur dreimal verfehlt.

Die 2023er-WK-III-Mannschaft hatte andere Qualitäten als ihre Vorgänger. Es war eine perfekt harmonierende Mannschaft, die dem alten Sepp-Herberger-Zitat (äh – war er es wirklich?) "Elf Freunde müsst ihr sein!" nahe kam. Hier standen nicht fünf Schachspieler, sondern eine Mannschaft von – nun ja, nur fünf – Freunden, die das Abenteuer "Deutsche Meisterschaft" in wunderschöner Weise gemeinsam erleben durften.
Alle fünf Spieler sind über unsere AG zum Wettkampfschach gekommen und bilden den Kern der 3. Mannschaft unseres Partnervereins. Erstmals spielte bei der Deutschen Meisterschaft ein Vereinsteam der Schachfreunde Siemensstadt.
Dem Ruf des Hauses Herderschach als faire Sportler und starke Schachspieler wurden sie vollauf gerecht. Im Vorbeigehen hörte ich, wie ein gegnerischer Betreuer sein Team auf das Duell mit uns vorbereitete: "Ich weiß, dass da eine ganz solide schachliche Grundausbildung gemacht wird."

Bild Was ich oben über den Zusammenhalt der Spieler sagte, fand im Alltag jederzeit seine Bestätigung. Alle Pausen wurden gemeinsam verbracht. Sah man bei anderen Teams – und früher auch hin und wieder bei uns – jeden mit dem Blick auf das eigene Handy versunken, wurde in Kassel "Siedler von Catan" oder "Scrabble" gespielt. Und wenn doch einmal ein Handy im Spiel war, dann als Stoppuhr oder für ein Wissens-Quizspiel.
Bild Für den Fall, dass dann noch Langeweile aufkommen sollte, hatte der Trainer mit einer Mathe-Aufgabe vorgesorgt. Wer möchte, kann sich gern daran versuchen. Natürlich war auch hier das Finden aller Lösungen eine schöne Gemeinschaftsarbeit.

Schachliche Erwartung voll erfüllt

Zurück ans Schachbrett: Die Setzliste sah uns auf Platz 12. Maximal zwei weitere Mannschaften schienen in Reichweite. Davor klaffte ein riesiges DWZ-Loch. Aber einmal mehr erwies sich die Stärke dieser Mannschaft. Weil alle ihren Einsatz in den Dienst des Teams stellten und mit sensationeller Fokussierung und Konzentration bei der Sache waren, steht am Ende sogar ein einstelliger Tabellenplatz.
Nach der Auftaktniederlage gegen Hannover folgte ein knapper Verlust gegen Lübeck. OK – ein Gegner auf Augenhöhe, da war jedes Ergebnis möglich. Die Runden 3 und 4 brachten uns dann etwas leichtere Aufgaben, womit das Team wieder im Rennen war.
Erster Big Point dann gegen Hamburg, vor allem durch Maxims einzige Gewinnpartie und Juris souveräne Absicherung am Spitzenbrett.
Plötzlich waren wir an Brett 3 der Sitzordnung angekommen, trafen auf einen Gegner mit einem DWZ-Vorteil von ca. 300 Punkten pro Brett. Das war diesmal noch zu schwer.

Auch der letzte Gegner schien leicht besser besetzt zu sein. Doch wie vor jeder Runde fanden wir in der gegenseitigen Ansprache genau die richtigen Worte, sich auf den jeweiligen Spieler einzustimmen. Das Szenario wäre auch zu bitter gewesen: Bei einer Niederlage drohte das Abrutschen auf Platz 15.
Noch einmal gelang uns die notwendige Steigerung auf den Punkt und damit der zweite Big Point. Diesmal punkteten Viktor und "Skirsty", nachdem Jan D. ein wichtiges Remis eingebracht hatte.
Auffällig war, dass wir in den beiden Schlüsselspielen jeweils nach einer unnötig schnellen und drastischen Niederlage in Rückstand gerieten. Daran wären andere, auch frühere Herder Teams zerbrochen. Der Siegeswillen dieser Mannschaft wurde dadurch aber erst richtig entfacht. Beide Duelle konnten noch gedreht werden. An den betreffenden kritischen Partien waren alle fünf Spieler beteiligt.

Bild Alle fünf Spieler auf den Punkt fit

Jeder Spieler hat seine Aufgabe erfüllt. Keine einzige Partie, keinen einzigen Einsatz möchte ich missen. Rechnerisch scheinen Viktor und "Skirsty" heraus zu stechen, doch jeder hat an seinem Platz gepunktet und den Beitrag zum Gesamtergebnis geleistet.

Juri bekam es am Spitzenbrett mit starker Konkurrenz zu tun, darunter Johannes von Mettenheim (Elo über 2300) und Justus Sommer (DWZ 2045). Seine 2½ Punkte sind das erreichbare Ergebnis. Wichtig dabei vor allem das Remis zur Absicherung des Sieges gegen Hamburg und der Erfolg gegen die Berliner Freunde aus Steglitz. Seinem dortigen Gegner war er in der Berliner Saison noch unterlegen. Dass Juri ein jederzeit umsichtiger und zuverlässiger Kapitän war, muss ich eigentlich nicht extra erwähnen.

Viktor spielt immer ein unternehmungslustiges Schach. Langeweile kommt bei ihm nicht auf. Das kann dann auch schon mal schief gehen wie bei dem kapitalen Verrechner gegen Hamburg. Auch gegen Lübeck ließ er einen deutlichen Vorteil noch zum Remis entgleiten. Das alles wird durch den schönen Sieg in der Schlussrunde aufgewogen, der uns den Sprung auf Platz 9 ermöglichte.

Bild Jan "Skirsty" Sk. hatte einen sensationellen Lauf. In Runde 6 stoppte zwar die 100%-Serie, doch am Sonntag war er wieder in Bestform.

Bild Maxim scheint punktemäßig etwas unter den Erwartungen zu liegen – zumal diese nach dem sensationellen Auftritt bei seinem ersten Erwachsenen-Open recht hoch geschraubt waren. Der eine Siegpunkt indes war besonders wichtig, ermöglichte uns den Sieg gegen Hamburg. Maxim haderte ein wenig mit der eigenen Leistung – kaum zu glauben, selbst mit der vom besagten Open. Sein Problem ist noch, dass Fehler, wenn sie denn passieren, besonders krass ausfallen und gleich den ganzen Punkt kosten. Das entwertet dann schön aufgebaute Partien und verzerrt das punktemäßige Ergebnis etwas.

Bei uns gibt es keinen "Ersatzspieler", sondern immer ein vollwertiges fünftes Team-Mitglied. So hatte ich Jan D. von vornherein drei Einsätze zugesagt. Er startete gleich mit einem Remis in die Meisterschaft, konnte später eine Partie gewinnen und wurde mit einem vierten Team-Start belohnt. Das dort erspielte zweite Remis bekam das Prädikat "besonders wertvoll".

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Blick in die Jugendherberge oder
"Wenn Architekten Langeweile haben…"
Noch 'ne Treppe, 'ne Zwischenwand, 'ne Lampe, 'ne Säule – noch was?
Es gab manchen Kritikpunkt bei dieser DSSM – Die Küche gehörte nicht dazu.
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Gegen diesen Gegner waren wir in Runde 6 chancenlos. Irgendwo wird immer Schach gespielt.

Bericht und Fotos: Thomas Binder