Berliner Meisterschaft 2024 – 1. Vorrunde

Bild Wieder gehen zwei mega-intensive Wochenenden mit den Vorrunden der Berliner Einzelmeisterschaft zu Ende. 15 Teilnehmer aus den Reihen unserer AG waren für ihre Vereine am Start. Wir wollen uns in diesem Bericht auf die Spieler unseres Partnervereins aus Siemensstadt konzentrieren. Diesen vertraten gleich elf Spieler, darunter sieben BJEM-Debütanten. Sie wurden von Thomas Binder, Aram Azarvash und Kai Tonke "rund um die Uhr" betreut. Besonders den beiden jungen Trainern gilt der Dank für aufopferungsvollen Einsatz. Sie standen vor allem für konkrete Partieanalysen bereit. Ich selbst konnte mich mehr auf das konzentrieren, was ich sonst so beobachtete, und daraus Schlussfolgerungen ableiten. So rief uns zum Beispiel die Letztrundenpartie von Lio ins Gedächtnis, dass man bei einer langzügig berechneten Zugfolge eben doch vor jedem Zug noch einmal kurz inne halten soll. Jetzt sieht man die Stellung auf dem Brett und entdeckt vielleicht doch noch Nuancen, die einem bei der Berechnung im Kopf entgangen waren.

Der erste Glückwunsch geht allerdings an Joachim (Foto rechts) zum mehr als souveränen Turniersieg in der Königsklasse und damit der Qualifikation für die u18-Endrunde.

Setzen wir nun aber die Siemensstädter Brille auf: Dass es in der großen Delegation unseres Partnervereins nicht für alle Spieler gleichermaßen gut laufen würde, war abzusehen. Schließlich haben wir aber Ergebnisse erzielt, aus denen man viel Positives mitnehmen kann.

Herausragend: Die Khutko-Brüder und "Skirsty"

Bild Das Tabellenbild und die DWZ-Berechnung trügen nicht: Für ein Quartett war dieses Turnier ein riesiges Erfolgserlebnis. Da ist zunächst Jan. Als einer unserer wenigen Spieler mit Vorrunden-Erfahrung hat er seine Punktzahl trotz Aufrückens in die u16 mehr als verdoppelt. Konzentrierte Auftritte in gut angelegten Partien etablierten ihn in der erweiterten Spitzengruppe seiner Altersklasse. Dass er schon das Wort "Endrunde" in den Mund nimmt, mag verwegen klingen – aber warten wir ab…

So nahe beieinander wie auf dem Foto links rangieren "Skirsty" und Maxim auch in der Abschlusstabelle. Bei 4½ Punkten trennt sie nur ein halber Buchholz-Zähler. Dass es für Maxim die erste BJEM-Vorrunde war, konnte man allenfalls zu Turnierbeginn ahnen. Spätestens mit dem Remis in der sehr langen Partie gegen Julien Janoschka (DWZ über 1700) war Maxim unter den etablierten Spielern angekommen. Dass er kurz vor Schluss sogar einen Gewinnzug ausließ, hatten beide Spieler übersehen. Am zweiten Wochenende folgten noch zwei schöne Siege, darunter ein echter "Hingucker" in der Schlussrunde.

Bild Die Khutko-Jungs sind mit Sicherheit jetzt das führende Berliner Drei-Brüder-Team in der Berliner Schachjugend. (Gegenbeispiele bitte an den Verfasser) 12 Punkte aus 21 Partien sind wirklich eindrucksvoll.

Der "Senior" des Trios Uladzimir kommt in der u18 auf vier Punkte, verliert nur gegen die beiden DWZ-1900er im Feld. Zur Belohnung schiebt er sich aus der unteren Hälfte der Setzliste auf Platz 6 im Schlussklassement.

Wo die beiden großen Brüder schon reichlich Erfahrung und Turnierhärte mitbringen, macht Peter (Foto rechts) gerade die ersten Schritte in anspruchsvolleren Wettkämpfen. Das war seinem BJEM-Debüt stellenweise noch anzumerken, doch am Ende der beiden Wochenenden steht eine 50%-Bilanz, und es wird sich eine achtbare Erst-DWZ ergeben. Peter ist erst seit einigen Monaten Mitglied unseres Partnervereins. Die dortigen Angebote werden ihn schnell weiter voran bringen.

Erfahrung nicht immer ausgespielt

BJEM-Erfahrung brachten ansonsten nur noch Viktor und Vincent mit. Viktor spielte zunächst ein Turnier im klassischen Schweizer-System-Zickzack. Am ersten Wochenende konnte man als beobachtender Trainer mit Spielweise und Ergebnis zufrieden sein. Die weiteren Runden standen dann unter einem unglücklichen Stern, da Viktor nicht ganz fit war. So schlug das Zickzack-Pendel in der letzten Runde dann leider nicht mehr nach oben aus. Er hatte eine starke Partie gespielt, übersah dann jedoch ein triviales Matt.
Vincent bekam es in der höchsten Altersklasse mit sehr starker Gegnerschaft zu tun. Hier ist ja eigentlich die Schwelle zum Erwachsenenschach schon überschritten. Im Gegensatz zu den jüngeren Klassen gibt es keine "schwachen" Gegner mehr. Diese haben längst die Lust am Schachspiel verloren und stellen sich nicht zu einem anstrengenden und zeitintensiven Vorrunden-Turnier. So lag Vincent mit großem Rückstand am Ende der Start-Rangliste und konnte diesen Platz nach einem Sieg und sechs Niederlagen auch nicht verlassen. Viel realistischer wird die Einschätzung, wenn man sieht, dass der DWZ-Verlust nur minimal ist. Jedenfalls zog Vincent nach dreijähriger BJEM-Pause die richtige Konsequenz: "Ich muss wieder mehr Turniere spielen."

Weitere fünf Spieler mit gutem Einstand

Bild Bild Alex, Ziyi, Platon, Ansgar und Lio spielten (wie Maxim und Peter) ihre erste Berliner Meisterschaft. Gerade ihre Ergebnisse haben mich mehrheitlich gefreut und überzeugt. Den besten Eindruck dieser Gruppe hinterlässt Alexander (Foto links). 2½ Punkte sind ein gutes Einstiegsresultat. Die Partien sahen oft sogar nach mehr aus. Hier und da musste Alex noch seinem extrem kraftaufwendigen Spiel Tribut zollen. Er denkt sehr lange und vertieft sich in komplizierte Varianten. Das kostet Zeit und Kraft. Bei früheren Starts war dies oft durch ein deutliches Nachlassen im Turnierverlauf spürbar. Jetzt hat er auch in dieser Hinsicht einen großen Schritt nach vorn getan. Nur in der letzten Runde fehlte dann doch die Kondition für einen (durchaus möglichen und verdienten) erfolgreichen Abschluss.
Ziyi gehört für mich seit fünf Jahren zu den vielversprechendsten Talenten seiner Altersklasse in AG und Verein. Ebenso lange warten wir darauf, dass sich sein Potential in einem entsprechenden Turnierergebnis niederschlägt. Auch diesmal gelang nur ein standesgemäßer Sieg gegen einen 1200er. Viele andere Partien wirkten noch zu verkrampft, so dass er nicht dazu kam, seine guten Ideen umzusetzen. Wir warten weiter, aber wir werden nicht vergeblich warten.

Platon und Ansgar rangierten in der Startliste ganz hinten. Es ist ein schweres Los, mit dreistelliger DWZ in der u16 seine erste BJEM zu spielen. Beide zeigten eine deutliche Steigerung, die sich auch im DWZ-Gewinn ausdrücken wird. Platon (Foto rechts) kam zu drei Remisen (davon zwei gegen DWZ-1200er). Er bestätigte den zuletzt gezeigten Aufwärtstrend, hatte unlängst mit seinem ersten BMM-Sieg die 3. Mannschaft des Partnervereins zum Sieg im Ligakampf geführt und im Vereinspokal dem Autor dieser Zeilen mit kreativem Spiel ein Remis abgenommen.
Ansgar kam gleich in Runde 2 zum Sieg gegen einen Spieler mit mehr als 400 DWZ-Punkten Vorsprung. In der Folge musste er dann zwar meist noch mangelnder Erfahrung Tribut zollen, doch die Partien zeigten einigen Fortschritt, der sich auch bald in Punkten ausdrücken wird.

Bild Nicht ganz nach Wunsch lief es in der u14 für Lio. Der Auftaktsieg gegen eine Spielerin mit DWZ 1330 gab zu großen Hoffnungen Anlass. Woran es zum Teil dann noch fehlte, habe ich schon im einleitenden Absatz beschrieben.

… und der Blick in die Ferne

Lange Wartezeiten gehören bei Jugendturnieren nun mal dazu. Diesmal fanden wir eine ausgesprochen attraktive Überbrückung: Herderschach-Ikone Raphael Lagunow spielte beim Qatar-Open, lag gerade mal einen halben Punkt hinter Magnus Carlsen. Wir hatten das Vergnügen, seine Viertrundenpartie auf dem Rechner live zu verfolgen. Starke BJEM-Spieler und jüngste Kinder-Open-Zwerge folgten gebannt den Zügen ihres Vorbilds. Traditionspflege und Geschichtsbewusstsein à la Herderschach!


Bericht und Fotos: Thomas Binder