Trainingsmaterial Nr. 20

Inhaltsverzeichnis

Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Folge 17
Mattmotive im Endspiel
Hausaufgabe
Elementare Matts – Folge 2
Was ist eigentlich …?
Eröffnung intensiv – Folge 5
Final Fun




  Eröffnungsfallen und Kurzpartien
Heute: Bauerngabeln

Bauerngabeln sind als Teil vieler Kombinationen bekannt. Wir haben sie auch an anderer Stelle bereits gesehen.
Heute wollen wir einige Partien kennenlernen, die gerade durch dieses spezielle Element entschieden wurden.

Gleich in der ersten Partie sehen wir ein häufiges Motiv, das bei Unkenntnis leicht unterschätzt wird.
Longo – Scarpino, Philadelphia 1993

Sehr typisch und oft anzutreffen ist folgendes Motiv: Man opfert einen Springer, holt ihn sich mittels Bauerngabel zurück und verbleibt mit materiell ausgeglichener Stellung. Dabei wird aber die gegnerische Position so nachhaltig beschädigt, dass sich die starken Drohungen bald durchsetzen werden.
Reti – Dunkelblum, Wien 1914
Pöck – Ungur, Deutschland 1997

Nun noch einige weitere eindrucksvolle schnelle Siege mit Bauerngabeln.
Hauke – Scheiblauer, Deutschland 1999
Löwner – Wasnetzky, Deutschland 1977
Mellano – Bernasconi, Spanien 1992




  Mattmotive im Endspiel

Im Endspiel bei reduziertem Material denkt man meist nicht an die Gefahr eines Matts. Doch immer wieder kommen Konstellationen zustande, die außergewöhnliche Mattbilder ermöglichen. Als Warnung und Lehre habe ich einige dieser Situationen zusammengestellt.

Zuerst erinnere ich an die Nebenvariante aus dem Endspiel Strate – Arndt, das wir im 18.Training gesehen haben.

Sehen wir uns nun einige Beispiele aus der Meister-Praxis an:
Zunächst eine spektakuläre Niederlage des (damals noch recht jungen) schwedischen Großmeisters Ulf Andersson gegen den Engländer Hartston:
Andersson – Hartston, Hastings 1972

Es folgt ein schönes Leichtfigurenmatt aus einer Partie zweier wenig bekannter Meister in der früheren Sowjetunion.
Turewerow – Arsumanjan, 1975

Bleiben wir in Russland und gehen zur Moskauer Meisterschaft 1964. Hier unterliegt Großmeister Saizew gegen den weniger bekannten Nikolai Bakulin.
Saizew – Bakulin, Moskau 1964

Relativ häufig sieht man das folgende Mattmotiv, welches mit einem kräftigen Turmopfer eingeleitet wird.
Shablisky – Ushkal, Sowjetunion 1974

Selbst bei äußerst geringem Material kann der König am Brettrand zur Strecke gebracht werden. Dazu sehen wir ein klassisches Beispiel aus einem der berühmtesten Turniere vor dem 1. Weltkrieg. Hier gewann der Pole Georg Rotlewi (1889 – 1920) gegen den Schweizer Hans Fahrni (1874 – 1939).
Rotlewi – Fahrni, Karlsbad 1911
Auch zu diesem Motiv gibt es zahlreiche Beispiele.

Oftmals sind es die Bauernketten, die dem König das letzte Fluchtfeld nehmen. Sehen wir auch dazu ein Beispiel.
Gerusel – Malich, Leipzig 1975

Das letzte Beispiel zeigt uns die Georgierin Maja Tschiburdanidse damals auf dem Weg zum Weltmeistertitel im Duell mit der seinerzeit stärksten deutschen Spielerin Petra Feustel.
Tschiburdanidse – Feustel, Tbilissi 1976




  Hausaufgabe

Wir lösen jetzt die Aufgabe aus Training Nr. 18 auf.
Wir sahen eine kleine Kombination aus der Partie zweier russischer Großmeister.
Lösung der Hausaufgabe aus Nr.18


Und hier nun die neue Aufgabe für dieses Mal.
Es handelt sich um 2 (genaugenommen 3) Aufgaben aus verschiedenen Bereichen.
In der ersten Aufgabe sehen wir den Schluss einer Partie von der Frauen-Schacholympiade aus dem Wettkampf Japan – Kanada. Die Japanerin hat diese Partie verloren. Jedoch hätte sie in der hier gezeigten Stellung die Chance zu einem schönen Sieg gehabt. Wie denn?
1. Aufgabe

Unsere zweite und dritte Aufgabe beschäftigen sich mit dem Schluss einer Partie aus der jugoslawischen Meisterschaft 1951. Beide Fragen sind in der Partie formuliert.
2. Aufgabe




  Elementare Matts

Heute wird es in diesem Beitrag ein klein wenig schwerer: Wir sehen das Matt mit 2 Läufern.
Es ist zwar nicht besonders schwierig, aber da es sehr selten vorkommt, fehlt auch erfahrenen Spielern die Übung darin.
Um den alleinstehenden König mit 2 Läufern matt zu setzen, muss man ihn in eine Brettecke drängen. Dabei muss auf die Gefahr von Pattstellungen geachtet werden.
Matt mit 2 Läufern

Die Mega-Database zeigt immerhin 45 Beispiele zu diesem Endspiel. In 3 Fällen gelang es dem Spieler mit 2 Läufern nicht, zu gewinnen. Entweder überschritt er die 50-Züge-Regel oder er setzte den Gegner patt.




  Was ist eigentlich …
Fernschach???

Fernschach ist eine eigenständige Wettkampfform, bei der die Züge auf dem Postwege übermittelt werden. Früher bediente man sich dazu (spezieller) Postkarten. Heute haben natürlich modernere Mittel (wie E-mail) auch diese Domäne erobert.
Die Bedenkzeit ist nur geringfügig eingeschränkt. Sie beträgt 3 Tage pro Zug. Ersparte Zeit wird gutgeschrieben, außerdem kann man in bestimmtem Umfang Urlaub nehmen.
Vor allem in der Vor-Internet-Zeit konnten einzelne Partien mehrere Jahre dauern (etwa bei Postsendungen nach Übersee oder in die frühere Sowjetunion). Dementsprechend dauern dann auch die Turniere sehr lange.

Die ersten Fernpartien wurden Anfang des 19. Jahrhunderts gespielt. In der Folge entwickelte sich eine rege Wettkampfszene. Es gibt reguläre Weltmeisterschaften und Fernschach-Olympiaden (für Mannschaften). Die deutschen Spieler haben immer zu den erfolgreichsten gezählt.

Inzwischen bedienen sich natürlich alle Fernschachspieler der Unterstützung durch Computer. Dadurch sind grobe Fehler in dieser Spielart praktisch ausgeschlossen. Dennoch schwören die Fernschach-Spezialisten darauf, dass man nur mit eigenen Ideen erfolgreich sein kann. Den Computer benutzen sie nur, um Fehler auszuschließen.
Dennoch war die Computerbenutzung für mich der Grund, vor einigen Jahren das Fernschachspiel aufzugeben.
Zwei meiner besten Fernpartien habe ich im 9. Training dargestellt.


Eine Besonderheit im Fernschach sind die sogenannten Eventualzüge. Um Zeit und Kosten zu sparen, kann man dem Gegner bestimmte Züge im Voraus ankündigen – also z. B. "1.e2-e4 und falls 1. … e7-e5, dann 2.Sg1-f3".
Das will aber wohl überlegt sein. Der aus Berlin stammende Fernschach-Weltmeister Dr. Fritz Baumbach schildert in seinem Buch u.a. einen peinlichen Reinfall mit Eventualzügen.
Baumbach – Hunter, Fernpartie 1974-1976
Ähnlich erging es jenem Fernschachspieler, dessen Partie ganz normal begann: 1.d2-d4 g7-g6. Schwarz schrieb zu seinem 1.Zug aber unvorsichtigerweise: "Falls 2. beliebig, so 2. … Lf8-g7." Diese Einladung ließ sich Weiß nicht entgehen und antwortete "2.Lc1-h6 Lf8-g7 3.Lh6xg7 falls 3. … beliebig, so 4.Lg7xh8". Ja, wenn 2 das gleiche tun…

Mit der nächsten Partie zeigt Dr.Baumbach, dass Fernschachpartien manchmal auf höherem Niveau stehen, als das "normale" Weltspitzenschach. Sie ermöglicht einen interessanten Vergleich zwischen einem WM-Kampf im Normalschach und einer hochrangigen Fernpartie.
Hollis – Baumbach, Fernpartie 1974-1976

Sehen wir nun noch jene Entscheidungspartie, mit der sich Dr. Baumbach 1987 den Weltmeistertitel sicherte.
Michailow – Baumbach, Fernpartie


Wer sich näher über Fernschach informieren möchte, sei an folgende Internet-Adressen verwiesen:

URL Erklärung
Deutscher Fernschachbund Die offizielle Fernschachorganisation in Deutschland
ICCF Der internationale Fernschachbund
DESC Deutscher Email-Schachclub
Links Weitere Links zum Thema Fernschach



  Eröffnung intensiv
Heute: Der Cochrane-Angriff

Der Cochrane-Angriff gehört zu meinen "Spezialwaffen". Gegen bestimmte relativ seltene Eröffnungen habe ich mir nämlich meinerseits Nebenvarianten angeeignet. Es kann nämlich ein Vorteil sein, sich auf eine nicht so ganz sichere aber gut vertraute Variante zu stützen, womit man den Gegner auf ihm unbekanntes Terrain zieht und seinen Erfahrungsvorteil ausgleicht.
Im Falle des Cochrane-Angriffs geht es um eine Erwiderung auf die Russische Verteidigung. Er führt früh zu außerordentlich scharfem Spiel, oft mit einer schnellen Entscheidung – so oder so.

Das Material zum Cochrane-Angriff befindet sich in einem eigenen Dokument.
Der Cochrane-Angriff




  Final Fun

Immer wieder schön zu hören, wenn Leute über Schach reden, die nicht viel davon verstehen:

Im Radio erklärte mal jemand den Begriff "Gambit" durchaus zutreffend so: "Beim Gambit opfert man Material, um dafür eine schnellere Entwicklung zu erreichen." Soweit richtig – aber dann: "Es gibt verschiedene Gambits. Zum Beispiel das Damengambit, da opfert man eine Dame". Schade, dass ihn niemand nach dem Königsgambit gefragt hat.

In einer TV-Talkshow wurde unlängst (ich schreibe dies im Februar 2004) über den Führungswechsel an der SPD-Spitze gesprochen. Der Talkmaster gebrauchte den Begriff "Rochade". Da mischte sich ungefragt einer der Politiker ein und erklärte: "Für alle die sich nicht so genau mit Schach auskennen (hört, hört – er kennt sich aus.). Die Rochade ist der Platzwechsel von Dame und Läufer auf der Grundreihe."

Wie sagt dazu der Lateiner?
"Si tacuisses, philosophus mansisses"
frei übersetzt: Hättest du geschwiegen, hätte man dich für klug gehalten.




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Thomas Binder, 2004