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Eröffnungsfallen und Kurzpartien – Folge 19
Kombinationen zur Grundreihenschwäche
Hausaufgabe
Schach-Spielarten – Folge 4
Eröffnung intensiv – Folge 8
Schachlinks – Folge 14
Es gehört zu den ersten Grundregeln: "In der Eröffnung soll man den König durch die Rochade in Sicherheit bringen."
Natürlich behält dieser Satz seine Gültigkeit, aber schon viele Partien gingen verloren, weil ein Spieler allzu gedankenlos bei
der ersten Gelegenheit rochiert hat.
Deshalb sollte man auch die folgende Regel im Hinterkopf behalten:
Rochiere weil du es musst oder weil du es willst – nicht weil du es kannst.
Dieser einprägsame Spruch soll von dem amerikanischen Großmeister Harry Nelson Pillsbury (1872 – 1906) stammen.
Sehen wir nun einige Beispiele für "kurzrundige" Niederlagen nach verfrühter Rochade:
Ein einfaches Motiv zeigt die folgende Partie. Schwarz hat sogar einige Züge lang die Drohung beachtet. Doch als sich die
Gelegenheit zur Rochade bot, kannte er keine Vorsicht mehr:
Beyerlein – Weber, Deutschland 2002
Dieses Motiv sollte man sich einprägen, denn es kommt auch in anderem Zusammenhang immer wieder vor. Sehen wir es uns deshalb
in abgewandelter Form in einer Partie von Großmeister Jakob Estrin (1923 – 1987) noch einmal an:
Estrin – Klaman, Sowjetunion 1957
Eine Kurzpartie des Engländers James Henry Blackburne (1841 – 1924) zeigt, wie schnell man verlieren kann, wenn man in eine
nur scheinbar sichere Stellung rochiert.
Blackburne – Blanchard, London 1891
Auch in scheinbar völlig entspannter Stellung muss der Zeitpunkt der Rochade wohl überlegt sein. Georg Marco hätte die folgende
Partie problemlos halten können, wenn er einen Bauerntausch eingeschoben hätte. Wegen der verfrühten Rochade ("… wenn du kannst…")
geht aber nach langzügiger Abwicklung eine Figur verloren. Siegbert Tarrasch gewann das Turnier um die Deutsche Meisterschaft 1892.
Tarrasch – Marco, Dresden 1892
Fehler, die mit voreiliger Rochade einhergehen, passieren selbst den Top-Spielern. Hier eine lehrreiche Panne von Richard Reti:
Krejcik – Reti, Wien 1922
Kurz vor Fertigstellung dieses Themas gelang es mir selbst, die unbedacht frühe Rochade meines Gegners in zwei wichtigen
Partien auszunutzen.
Im Finale unseres Vereinspokals traf ich auf einen außerordentlich erfahrenen und von mir menschlich
hoch geschätzten Gegner, den 80jährigen Schachveteranen Wolfgang Weschke. Die Rochade kostete ihn früh einen Bauern. Dieser
Verlust war objektiv noch hinnehmbar. Doch, da er nicht in das Konzept von Schwarz passte, brach dessen Stellung schnell
zusammen.
Binder – Weschke, Berlin 2005
Vier Wochen später konnte ich in einem wichtigen Mannschaftskampf erneut die unpassende Rochade meines Gegners bestrafen.
Damit sicherte ich dem Team einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf.
Binder – Kötz, Berlin 2005
Kombinationen, bei denen die "Schwäche" der Grundreihe ausgenutzt wurde, sind uns bereits öfter begegnet, so z. B. in der 9. Trainingseinheit.
Heute wollen wir noch einmal einige typische Angriffsverfahren zusammentragen, die auf diesem Motiv beruhen.
Man muss sie einfach einmal gesehen haben, um sich dann im richtigen Moment daran zu erinnern – sei es als Angreifer oder als
Verteidiger.
Das Hauptmotiv ist die Überlastung der Figuren, welche die Grundreihe verteidigen. Sehen wir zunächst zwei Partiebeispiele
hierzu.
Wolk – Oswald, 1951
Anonymes Lehrbeispiel
Zu den wichtigsten Elementen beim Ausnutzen einer Grundreihenschwäche gehört es, die dort verteidigenden Figuren abzulenken. Wenn es
um's Mattsetzen geht, ist dafür jedes Opfer recht.
Mikenas – Bronstein, Sowjetunion 1965
Im nächsten Beispiel sind zwei Weltklassespieler ihrer Zeit im Duell zu erleben. Auch auf diesem Niveau wird immer wieder eine
Grundreihenschwäche zugelassen.
Larsen – Ljubojevic, Mailand 1975
In der folgenden Partie scheint die Stellung des Königs hinreichend verteidigt zu sein. Doch der Weltmeister zeigt mit einfachen
Mitteln, dass das nicht so ist.
Fontein – Euwe, Amsterdam 1939
Die nächste Partie hat über die Grundreihenschwäche hinaus ihren besonderen Reiz: Der Berliner Nachwuchsspieler Carsten Schirrmacher
war erst 14 Jahre alt, als er die polnische FIDE-Meisterin Bukowska mit einem netten Manöver sensationell bezwang. Seine
eigenen Kommentare sind im Kursivdruck in dieser Partie enthalten.
Bukowska – Schirrmacher, Olomouc 2003
Oft gelingt es auch, die Grundreihenschwäche mit einer Figurenwirkung auf einer Vertikalen oder Diagonalen zu kombinieren.
Sehen wir auch dazu 2 Beispiele: Zunächst eine Großmeisterpartie, dann ein eigenes Erlebnis.
Polugajewski – Eisinger, Deutschland 1974
Schönrock – Binder, Potsdam 2002
Was tut man nun gegen eine Grundreihenschwäche??
Der erste und wichtigste Rat lautet: Aufmerksamkeit.
Wenn ich mir immer der drohenden Gefahr bewusst bin, ist sie
schon fast gebannt.
Natürlich haben wir schon oft gesehen, dass ein "Luftloch" (z. B. durch einen Zug wie h2-h3) hilfreich ist. Man kann das aber
auch nicht generell empfehlen, denn ein solcher Zug hat auch seine Nachteile:
- Er kostet Zeit und
- schwächt die eigene Königsstellung.
Deshalb müssen solche Züge wohl überlegt sein. Sie kommen nur in Frage, wenn es wirklich(!) nichts besseres zu tun gibt, keine
Schwächung zu befürchten ist (man beachte vor allem die gegnerischen Läufer) und wenn es zur Vorbereitung eines eigenen
Angriffs nötig ist, das Grundreihenproblem zu lösen, bevor man die eigenen Figuren nach vorne wirft. Oft kann man diesen
Verteidigungszug auch mit einem anderen Ziel verbinden, z. B. wenn eine Figur auf g4 angegriffen wird.
Eine sehr lehrreiche Darstellung zum Sinn und Unsinn von Zügen wie h2-h3 hat Dan Heisman (allerdings auf Englisch) verfasst.
Wer sich damit beschäftigen möchte, sollte sich das entsprechende PDF-Dokument laden.
A guide to P-R3
(P-R3 meint den Zug h2-h3 oder h7-h6 in der sogenannten deskriptiven Notation. Doch zum Glück ist das übrige Dokument in
der uns vertrauten Notation geschrieben.)
Wir lösen jetzt die Aufgabe aus Training Nr. 29 auf.
Wir hatten eine dramatische Situation aus der 8. WM-Partie 2004 zwischen Kramnik und Leko betrachtet.
Die von Kramnik vorbereitete Variante erwies sich als gründlicher Reinfall. Sehen wir, mit welchem Konter Leko den Weltmeister
überraschte.
Kramnik – Leko, 8. WM-Partie 2004
Und hier nun die neue Aufgabe für dieses Mal.
Wir sehen den Schluss einer Partie aus der Berliner Jugendmeisterschaft 2005.
Bradschetl – Ernst, BJEM U16 2005
In der hier gezeigten Phase haben beide Spieler gleich mehrmals bessere Möglichkeiten ausgelassen. Überprüfe also jeden Zug
und stelle fest, ob man entscheidend besser hätte spielen können. Gib jeweils die besseren Möglichkeiten an und begründe sie.
Dies ist wohl die am weitesten verbreitete Schach-Spielart. Auch im englischen Sprachgebrauch ist sie unter mehreren treffenden
Begriffen bekannt: Giveaway-Chess, Losing Chess, Suicide Chess…
Wie viele andere Abarten, hat auch diese einen gewissen strategischen Gehalt und kann daher durchaus gelegentlich als taktisches
Trainingsmittel in Frage kommen. Turniere im Schlagschach finden auf den bekannten Internet-Servern aber auch in
eigenständigen Vereinen und Verbänden statt.
Wesen des Spiels |
Die Regeln sind denkbar einfach: Wenn ein Spieler eine gegnerische Figur schlagen kann, muss er dies tun. Wer zuerst kein Material mehr besitzt, hat gewonnen. Hat man mehrere Schlagzüge zur Wahl, kann man sich für den günstigsten entscheiden. |
Regel-Besonderheiten | Der König spielt keine Sonderrolle. Schach und Matt sind ohne Bedeutung. Rochaden finden nicht statt. Ein Bauer kann auch in einen König umgewandelt werden. Über die Behandlung von Pattstellungen gibt es verschiedene Auslegungen. |
Taktische Kniffe | Für das Schlagschach gibt es eigene Eröffnungstheorien und Lehrbücher. Der untenstehende Link kann als guter Einstieg zu weiterführenden Informationen dienen. |
Varianten | Naturgemäß gibt es zahlreiche Regelvarianten, vor allem zur Behandlung des Patt: So wird der pattgesetzte Spieler mal zum Sieger, mal zum Verlierer oder die Partie als Remis erklärt. In einer anderen Variante gewinnt bei Patt derjenige, der weniger Figuren übrig hat. |
Internet-Link |
Die Giveaway-Sektion auf der Chessvariants-Homepage: Chessvariants Dort kann man sogar in einem Java-Applet direkt eine Giveaway-Partie gegen den Computer spielen. |
Die Spezialisten dieser Spielart haben ihre ganz eigenen Eröffnungsvarianten entwickelt. Wie schnell man in eine Verluststellung
geraten kann, zeigt das folgende Extrembeispiel:
1. e3 d6?? (Ja, im Schlagschach ist das schon der entscheidende Fehler) 2. Dg4!!
Nun wird Schwarz in jedem Zuge gezwungen eine weiße Figur zu schlagen. Da die schwarzen Züge immer erzwungen sind und keine
Alternativen bestehen, genügt es, die weißen Züge anzugeben:
3.Kd1 4.a3 5.Ta2 6.a4 7.b3 8.g3 9.Lb5 10.Se2 11.Tf1 12.h3 13.g4 14.f3 15.e4 16.d3
15x hat der weißfeldrige Läufer geschlagen. Nun muss Weiß nur noch seinen schwarzfeldrigen Läufer loswerden – nichts leichter als das:
17.Lh6 und Weiß hat gewonnen.
Wir lernen heute eine sehr alte, aber immer noch beliebte Eröffnung kennen: Das Königsgambit.
Nach den Zügen 1.e2-e4 e7-e5 bietet Weiß mit 2.f2-f4 ein Bauernopfer an. Wenn Schwarz dieses mit 2… e5xf4 annimmt, gelangen
wir in die Hauptvariante des Königsgambits.
Das Material dazu befindet sich in einem eigenen Dokument:
Das Königsgambit
Es war an der Zeit, die bisher veröffentlichten Schachlinks zu überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten
Angebote noch erreichbar und auch inhaltlich in Ordnung sind.
Lediglich zu 3 Seiten muss ich eine Korrektur anbringen:
Nun aber wieder zu einigen neuen Empfehlungen aus der weiten Welt des Internets:
URL | Erklärung |
---|---|
Schachfieber |
Trainingsseite eines der profiliertesten deutschen Schachtrainer. Hier kann man viel lernen. |
Stefan Baur |
Auch diese Seite bietet einiges an Trainings- und Lernmöglichkeiten. Noch ausbaufähig, aber Inhalt und Gestaltung lohnen schon jetzt einen Besuch. |
Deutsche Jugendmeisterschaften |
Die deutsche Schachjugend hat sich genialerweise auf lange Sicht die Adressen nach dem Muster www.demxxxx.de gesichert,
wobei "xxxx" für die Jahreszahl steht. Unter diesen Adressen findet man also Berichte, Tabellen, Fotos, Partien und viel
Unterhaltsames zu den Titelkämpfen der besten jungen Schachspieler Deutschlands. 2001, 2002, 2003, 2004, 2005 |
Variant Chess |
Eine gut gemachte Seite zu Schachvarianten und Märchenschach mit vielen praktischen Beispielen. Englisch! |
Für Fragen, Kritiken und Anregungen bitte Email an mich