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Beyens Trick
Endspiel-Entdeckungen
Glanzstücke der Schachgeschichte – Folge 22
Wertungssysteme bei Schachturnieren
Nachschlag
Final Fun
Der Weg eines Bauern zum Umwandlungsfeld kann auf vielfältige Art mit kombinatorischen Mitteln geebnet werden.
Eine Gruppe von interessanten Motiven hat Tim Krabbé mit dem Namen des weniger bekannten belgischen Spielers Roland Beyen in Verbindung
gebracht.
Führt man Beyens Idee auf schachliche Grundmotive zurück, handelt es sich um ein Hinlenkungsopfer, mit dem eine Linie oder Reihe verstellt wird,
die der Gegner dringend zur Verteidigung gegen eine Umwandlung offen halten müsste.
Die namensgebende Partie ist nicht ganz so eindrucksvoll wie einige der folgenden Beispiele. Wegen ihrer Bedeutung als "Original" wollen wir sie hier
dennoch vorstellen. Beyens Gegner war immerhin ein mehrfacher WM-Kandidat. Es blieb übrigens der einzige Sieg der Belgier im EM-Vorrundenkampf gegen
die Tschechoslowakei.
Beyen – Filip, Luxemburg 1971
Schauen wir uns nun aus Tim Krabbés Sammlung einige weitere schöne Beispiele an.
Kotloman – Zinman, Sowjetunion 1985
Im folgenden Fall sehen wir zwei ganz starke Großmeister.
Timman – Yermolinsky, Niederlande 1999
Gewiss funktioniert Beyens Trick auch über die Vertikale. Leider führt Krabbé hierzu zunächst einige nicht ganz so plausible Beispiele an.
Doch einige bekannte Studienkomponisten haben sich zum Glück um das Motiv verdient gemacht.
Studie von A. Wotawa
Der französische Studienkomponist Henri Rinck (1870 – 1952) hat das Motiv mehrfach bearbeitet. Besonders eindrucksvoll im folgenden Fall:
Studie von H. Rinck, 1911
Kann man auf diese Weise auch eine Diagonale versperren? Ja, auch das geht:
Garcia – Rubinetti, Argentinien 1972
Und wenn es in der Partie geht, dann auch in der Studie:
Studie von Weenink, 1918
Zum Schluss ein Beispiel, bei dem einem Springer der Weg verwehrt wird. Hierfür hat auch Tim Krabbé nur Studien gefunden.
Studie von Troitzky, 1896
Immer wieder faszinierend ist es, welch überraschende Wendungen in scheinbar einfachen Endspielen verborgen sind.
Lothar Nikolaiczuk macht in seiner Kolumne auf zwei Beispiele aufmerksam, die eine interessante Gemeinsamkeit teilen: In beiden Partien ging
ein Spieler an seinem Glück vorbei, als er vorzeitig ins Remis einwilligte. Übrigens hätte damit jeweils der "Außenseiter" einen bemerkenswerten Sieg
gegen einen Top-Spieler erreichen können.
Taimanow – Kestler, Hamburg 1965
Wade – Millini, Italien 1951
Einen überraschenden Verlauf nahm auch ein Endspiel, das mir unlängst in der letzten Runde eines großen Opens gelang. Natürlich hätte mein Gegner bei
korrektem Spiel gewinnen sollen. Doch die Stellung birgt einige überraschende Remis-Motive. Man muss eben in dieser Partiephase an alle möglichen
Ressourcen denken.
Buttkus – Binder, Berlin 2012
Auf nebenstehenden Dreizüger wurde ich bei Arbeiten zur Geschichte meines Vereins aufmerksam. Unser langjähriges Mitglied Dietrich Frische
komponierte ihn 1929 und veröffentlichte die Aufgabe in mehreren Schachzeitungen. Neben dem überraschenden Schlüsselzug beeindrucken mich vor allem
einige Nebenvarianten, in denen das dreizügige Matt an Pattfallen scheitert. Auch ist es bemerkenswert, dass die scheinbar auf der Hand liegende
Idee eines Abzugs in der 6. Reihe praktisch keine Rolle spielt.
Dreizüger von Dietrich Frische – Matt in drei Zügen, Berlin 1929
Vom Opfer der stärksten Figur geht im Schach eine unerschöpfliche Faszination aus. Nach längerer Zeit wollen wir wieder ein paar eindrucksvolle Kombinationen sehen, die mit einem Damenopfer eingeleitet werden. Der Schach-Schriftsteller Helmut Wieteck hat in der Zeitschrift "Rochade Europa" eine reiche Zusammenstellung veröffentlicht. Er stellt sie unter das – wohl bei Loriot entlehnte – Motto "Früher waren mehr Damenopfer". Blickt man auf die Jahreszahlen unserer Beispiele, scheint er Recht zu haben.
Hoffmann – Petrow, Warschau 1844
Zukertort – Blackburne, London 1883
Spielmann – L'Hermet, Deutschland 1927
Mackenzie – Mason, Paris 1878
Wir wollen uns noch einmal anschauen, welche verschiedenen Wertungssysteme bei Schachturnieren angewendet werden, insbesondere wie man die Platzierung punktgleicher Spieler oder Mannschaften ermittelt.
Das Material dazu habe ich in ein eigenes Dokument ausgelagert:
Wertungssysteme bei Schachturnieren
Die enorme Kraft der Zwickmühle haben wir schon in mehreren Beiträgen erlebt. Unlängst wurde sie eindrucksvoll von einem Berliner Jugendspieler
demonstriert. Unter Verzicht auf materiellen Gewinn, bereitet er mittels der Zwickmühle den entscheidenden Mattangriff vor.
Alten – Mittelstädt, Berlin 2012
Immer wieder wird uns die enorme Bedeutung der Quadratregel für die Beurteilung von Bauernendspielen vor Augen geführt. Besonders reizvoll sind
Aufgaben, bei denen dieses Element mit anderen Motiven kombiniert wird. Sehen wir eine interessante Studie:
Studie von Sachodjakin, 1934
Und wieder einmal gibt es das Libellenmatt zu bestaunen. Im Klassiker sehen wir es zwar nur in den Varianten des Angriffs. Beim aktuellen
Beispiel aus der Berliner Schachszene setzt der frühere Deutsche U14-Meister seine Leichtfiguren wirkungsvoll in Szene.
Colbourne – Blackburne, Hastings 1892
Lerch – Münch, Berlin 2012
Dass es für die gerade gesehene Partie von Philipp Lerch nicht für den Schönheitspreis beim Lichtenrader Herbst 2012 gereicht hat, lag auch an der
folgenden Glanzleistung. FIDE-Meister Boris Gruzmann zeigt uns eine Fakir-Dame. Wir kennen das Motiv aus Trainingseinheit 41. Hier wird es auch
noch mit einer Turm-Springer-Zange kombiniert.
Niehaus – Gruzmann, Berlin 2012
Frühzeitiger Damenfang beschäftigte uns u.a. in Trainingseinheit 17. Ein Motiv, das uns damals entgangen war, sei heute mit zwei Beispielpartien
ergänzt.
Tolusch – Aronson, Sowjetunion 1957
Litwinow – Kasanzew, Sowjetunion 1974
Vor allem im ersten Beispiel zeigt die genauere Betrachtung allerdings, dass Schwarz den Schaden durchaus hätte in Grenzen halten können.
Den Läuferfang nach Einschlag am Brettrand haben wir in Ausgabe 33 ausführlich betrachtet. Zu diesem Thema darf die berühmte erste WM-Partie
Spasski – Fischer von 1972 nicht fehlen. Selbst der seinerzeit beste Spieler der Welt hat sich bei der Bewertung eines solchen Einschlags geirrt
weil ihm eine versteckte Pointe entgangen war.
Spasski – Fischer, Island 1972
Die Partie gehört zu den am besten untersuchten Schachpartien überhaupt. Bei genauem Spiel hätte Fischer auch nach dem Läuferverlust noch Remis halten
können, doch das ist hier für unser Thema uninteressant.
Und wieder schlägt die Turm-Läufer-Peitsche zu – diesmal aber nicht entlang eines Brettrandes. Dennoch ist der Anziehende ihr schutzlos ausgeliefert.
Hug – Schärer, Schweiz 2012
Chesshistory zitiert einige Schach-Aphorismen des Iren James J. Walsh. Ich kann seine Beobachtungen vollauf bestätigen.
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