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Glanzstücke der Schachgeschichte – Folge 27
4 x 4 im Quizformat
Entdeckungen bei einem Buchprojekt
Figuren im Zusammenspiel – Ein klassisches Fesselungsmotiv
König und Randbauer gegen König
Nachschlag
Im Duell zweier deutscher Nachwuchsspieler gelingt dem U16-Weltmeister Roven Vogel die Entscheidung mit einem
effektvollen Damenopfer und einer langzügigen Mattführung.
Buckels – Vogel, Deutschland 2017
Für ein Damenopfer auf f3 in solcher Form gibt es historische Vorbilder. Das klassische Beispiel stammt aus der
Moskauer Meisterschaft von 1929. Dem Damenopfer geht hier noch ein Qualitätsopfer voraus, dafür ist die Mattführung
deutlich kürzer und relativ "einfach" zu berechnen.
Popow – Rjumin, Sowjetunion 1929
Die heutige Generation der Top-Schachspieler entzückt uns immer wieder mit aufregenden Partien, in denen es einen heftigen
taktischen Schlagabtausch gibt. Damenopfer sind dabei gar nicht so selten.
Blicken wir dazu auf zwei aktuelle Partien, die in der Schachpresse für Aufsehen sorgten.
Anand – Caruana, USA 2017
Bai – Ding Liren, China 2017
Bitte löst auch diesmal die Aufgaben "vom Blatt" ohne Computerhilfe und möglichst auch ohne Schachbrett.
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Ausnahmsweise gibt es zum "4x4" heute eine kleine Zugabe der mehr spaßigen Art. Ich beobachtete diese Partie
bei einem internationalen Open quasi "en passant" (also "im Vorübergehen") und staunte nicht schlecht, dass solche
"Lehrbuchstellungen" auch im richtigen Leben vorkommen.
In der abgebildeten Stellung ist Schwarz am Zuge. Wie sollte die Partie enden?
Bitte erst in die Lösungen schauen, wenn ihr euch für eine der Antworten A – D entschieden habt.
Aufgabe 1: Weishäutel – Binder, Potsdam 2017
Aufgabe 2: Tedesco – Binder, Potsdam 2017
Aufgabe 3: Oelmann – Hüls, Berlin 2017
Aufgabe 4: Abdollahnia – Chokr, Berlin 2017
Aufgabe 5: Hentley – Karyah, Berlin 2017
Ich bin gerade an der Neubearbeitung eines Manuskripts von Hans-Peter Kraus beteiligt. Sein köstlich formuliertes
Lehrbuch über Fesselungs- und Entfesselungskombinationen soll eine ergänzte Auflage als Buch erfahren. Kraus' Text
und erst recht seine Quellen stammen aus jener Ära, da noch keine Computerprogramme zur Verfügung standen, mit denen
man alle Partien prüfen konnte.
Ich habe nun die Aufgabe übernommen, diese Prüfung nachzuholen – Engine-Check nennt man das in Fachkreisen.
Sehen wir einige der dabei zutage getretenen Entdeckungen.
Unser erstes Beispiel ist etwas kompliziert. Es basiert auf einer Partie, die 1952 in der Sowjetunion gespielt wurde.
Hier zunächst die Partiefolge und die Bemerkungen des Autors zu einer Alternativ-Variante.
Engine-Check, Nummer 1a
So weit – so gut. Doch die von Kraus verworfene Variante lässt sich retten. Stellen wir uns kurz vor, in der Stellung
nach dem Schlagen der weißen Dame wären die beiden Läufer nicht auf dem Brett. Dann wäre dieser Zug ein Schachgebot
und die Sache stellte sich ganz anders dar. Und genau das lässt sich durch Vorschalten einer kleinen Kombination erreichen.
Engine-Check, Nummer 1b
Im nächsten Beispiel sehen wir, dass man mit pauschalen Aussagen immer vorsichtig sein muss, auch und gerade bei der
Analyse von Schachpartien.
Engine-Check, Nummer 2
Besonders gefällt mir die folgende Stellung. Die von Kraus unter den Themen "Fesselung" und "Zugzwang" vorgestellte
Analyse ist komplett korrekt. Falsch ist indes die Bewertung der Endstellung. Eine studienartige Lösung rettet für
Schwarz das Remis.
Engine-Check, Nummer 3
Zur Ehrenrettung des Autors sei gesagt, dass etwa 95% seiner Analysen der Computerprüfung standhielten. Allenfalls gab
es dort Ergänzungen, die jedoch den Ausgang der jeweiligen Partie nicht veränderten. Doch auch dabei gelang noch manche
hübsche Entdeckung, so in unserem abschließenden Beispiel.
Engine-Check, Nummer 4
Eine weitere kleine Korrektur an diesem Manuskript – oder zumindest eine offene Frage an die Schachgeschichte – bleibt bei der Partie Mednis – Collins. Auf die Fragezeichen, die sich dort ergeben, sind wir schon in Trainingseinheit 30 eingegangen.
Inzwischen ist das Projekt fortgeschritten und die Veröffentlichung des Manuskripts in Buchform steht bevor. Dabei hat der Autor meine Anmerkungen weitgehend übernommen und den Text insofern korrigiert bzw. ergänzt. Die Veröffentlichung hier bleibt eine Momentaufnahme und lässt ahnen, welchen "Reifungsprozess" sicher auch jedes andere gute Schachbuch durchgemacht hat.
Über Fesselungen stolpert man in taktisch geprägten Schachpartien an jeder Ecke. Das Motiv, dem wir uns heute widmen wollen, hat dabei einen gewissen Standard-Charakter. Die Gelegenheit dazu bietet relativ häufig – wird aber fast ebenso oft ausgelassen.
Wenn wir es in Worten beschreiben wollen, geht das etwa so: "Der König wird per Turmopfer auf das Eckfeld (z. B. h1) gelenkt.
Dann kann die Dame von (z. B.) h3 aus Schach bieten, weil ein Bauer (in diesem Falle g2) gefesselt ist. Im nächsten Zug schlägt
sie eben diesen Bauern und setzt matt. Dabei erfüllt ein Läufer auf der langen Diagonalen gleich zwei Aufgaben: Er erzeugt die
Fesselung und sichert das Mattfeld."
Zu kompliziert? Sehen wir es uns an:
Mädler – Uhlmann, DDR 1963
Bruck – Gandolfini, Italien 1939
Im nächsten Beispiel leitet die Weiß-Spielerin das Motiv sogar mit zwei Opfern ein. Allerdings hätte sich Schwarz bei Kenntnis
der Idee stärker verteidigen können.
Schubert – Geißler, Deutschland 1992
Auch im nächsten Fall geht dem Matt ein doppeltes Opfer voraus, hier werden die weißen Türme ins Geschäft gesteckt.
Faraoni – Murgia, Italien 2004
Nach längerer Zeit widmen wir uns heute mal wieder einem elementaren Endspiel-Thema, dessen sichere Beherrschung aber
besonders wichtig ist.
Wenn ein Spieler nur noch König und Randbauer (also einen a- oder h-Bauern) gegen den alleinigen König seines
Gegners hat, ergeben sich einige Besonderheiten im Vergleich mit anderen elementaren Bauernendspielen.
Die Möglichkeiten des Verteidigers, um ein Remis zu kämpfen, sind gegen den Randbauern ungleich größer.
Erster Merksatz: Es ist Remis, wenn der verteidigende König vor den Bauern kommt. Sein Ziel ist dabei das Erreichen
der Umwandlungsecke.
Randbauer – Lehrbeispiel 1
Umgekehrt gewinnt die Seite mit dem Bauern immer dann, wenn es ihr gelingt, die wichtigen Felder auf den beiden letzten
Reihen der benachbarten Linie zu besetzen. Diese nennen wir daher Schlüsselfelder.
Randbauer – Lehrbeispiel 2
Kommen wir nun zu Konstellationen, bei denen weder der Verteidiger in die Ecke gelangt noch der Angreifer die Schlüsselfelder
besetzt. Der Verteidiger hat dann ein zweites Remisverfahren: Er kann den angreifenden König auf der Randlinie einsperren.
Randbauer – Lehrbeispiel 3
Nebenbei haben wir im vorigen Beispiel erkannt, dass es auch für den Verteidiger Schlüsselfelder gibt. Hier waren
es die Felder f1 und f2. Wenn man diese besetzt, kann der Gegner nicht mehr gewinnen – abgesehen von einem trivialen
Einzelfall.
Sehen wir nun noch, wie im Falle dieser Einsperrvariante der Kampf weiter geht.
Entweder setzt man den Angreifer patt…
Randbauer – Lehrbeispiel 4
… oder man gelangt doch noch in die Umwandlungsecke.
Randbauer – Lehrbeispiel 5
Auch heute gibt es wieder einen Blick auf neue bzw. neu entdeckte Beispiele zu bereits besprochenen Themen.
Zunächst sehen wir einen sehr eindrucksvoll gespielten Bauerndurchbruch.
Svacina – Müller, Wien 1941
Dass der Zugzwang in Endspielen ganz oft die entscheidende Waffe zur Realisierung eines Vorteils ist,
sollte sich schon herumgesprochen haben. Unlängst konnte ich einer Partie beiwohnen, in der dies sehr eindrucksvoll
demonstriert wurde.
Schilly – Hecht, Berlin 2018
In der Trainingseinheit 60 hatten wir einen recht kuriosen Versuch einer Patt-Rettung durch "ewige Verfolgung" gesehen.
Daran wurde ich erinnert, als ich im eigenen Verein eine ähnliche Partie beobachten konnte.
NN – Steinberg, Berlin 2018
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