Bild Unsere Schachuhren haben ihren Auftritt – Verfilmung der Schachnovelle 2020

Bild Bild Die Schachnovelle

Die Schachnovelle von Stefan Zweig (1941) darf wohl als wichtigstes Werk der Weltliteratur mit einem Bezug zum königlichen Spiel gelten. Ein Wiener Notar gerät kurz nach dem Anschluss Österreichs in die Fänge der Nationalsozialisten und bekommt in der Gefangenschaft zufällig ein Schachbuch in die Hände. Schnell nimmt ihn das Schachspiel gefangen und man kann durchaus spekulieren, dass er daraus den Mut schöpft, der schließlich sein Überleben ermöglicht. Doch er ist von körperlicher und seelischer Folter schwer gezeichnet, als er doch noch mit einem Schiff ins amerikanische Exil aufbrechen kann. Dort kommt es zum Aufeinandertreffen mit dem Schachweltmeister, welches er (zumindest im Film) als Sieger beendet.
Für weiterführende inhaltliche Auseinandersetzung wird auf die zahlreichen Internet-Quellen und natürlich die Original-Lektüre verwiesen.

Eine beispielgebende Verfilmung des Stoffs kam schon 1960 in die Kinos. Bekannte Schauspieler wie Curd Jürgens und Mario Adorf stehen auf der Besetzungsliste. Es dauerte fast 60 Jahre, bis sich wieder ein Regisseur der Schachnovelle annahm und eine Neuauflage nach Motiven der literarischen Vorlage produzierte.

Schachnovelle – Verfilmung 2019 – 2021

Die neue Verfilmung wurde 2019 und 2020 produziert, konnte aber wegen der Corona-Pandemie erst im Herbst 2021 in den Spielplan der Kinos gelangen. Star-Regisseur Philipp Stölzl hat, wie schon sein Vorgänger, eine namhafte Crew herausragender Schauspieler aufgeboten. Zu den Hauptdarstellern gehören Oliver Masucci, Birgit Minichmayr und Albrecht Schuch.
Der Film erhielt eine sehr große mediale Aufmerksamkeit. Er wurde mit mehreren hochkarätigen Preisen gewürdigt und in sieben Kategorien für den Deutschen Filmpreis ("Lola") nominiert.

Schachnovelle Schachnovelle

Unsere historischen Schachuhren Bild Bild

Und nun kommen wir ins Spiel! Im Herbst 2019 gab es über die Geschäftsstelle des Berliner Schachverbands die Anfrage, wer für eine Neuverfilmung der Schachnovelle zeitgerecht passende Uhren stellen könne. Das abgebildete Modell passte genau zu fünf Uhren, die sich noch in unserem Vereinsarchiv befanden und z. B. auch auf einem unserer ältesten Bilddokumente zu sehen sind.

Wir nahmen Kontakt zum Filmteam auf und stießen dort sofort auf begeisterte Zustimmung. So richtig in Schwung kam die Angelegenheit dann ab Januar 2020, als die Crew zu einem Aufnahmeblock in den Babelsberger Studios weilte. Die Außen-Requisiteurin nahm unser Angebot in Augenschein und wir wurden uns sehr schnell einig, dass genau diese Uhren in die Produktion der Schachnovelle gehören. Natürlich wurde dazu auch ein ordentlicher Vertrag abgeschlossen. (Abbildung rechts, Original in unserem Archiv)

Für einige Wochen machten sich unsere Schachuhren also auf die Reise aus dem Dunkel des Vereinsarchivs in die Glamourwelt der Filmstudios. Diese Reise bekam ihnen ausgesprochen gut, denn eine begnadete Restaurateurin ließ die Spuren der Zeit fast vollständig verschwinden, wovon der fotografische Vorher-Nachher-Vergleich beredtes Zeugnis ablegt. Ein nicht mehr ganz intaktes Uhrwerk wurde ebenfalls instand gesetzt.

vorher nachher

Im Film werden die zeitgerechten Schachuhren entsprechend der Handlung nur in wenigen "echten Schachszenen" eingesetzt. Im Fokus der Aufnahmen und der inhaltlichen Kernaussagen stehen begreiflicherweise andere Aspekte. Doch vor allem in der Schlüsselszene mit der Partie des Dr. Bartok gegen den Schachweltmeister Czentovic ist eine unserer Uhren prominent platziert. Etwas unverständlich bleibt allerdings, dass zuvor beim Simultanspiel des Champions ein Modell aus den 1970er-Jahren verwendet wird (s. linke Abbildung weiter oben). Solche ärgerlichen Fehler stechen einem kundigen Schachliebhaber doch sehr unangenehm ins Auge. Vermutlich waren für die Masse der Simultanpartien einfach nicht genügend historisch passende Uhren aufzutreiben. Oder war es ein ebenso vermeidbarer Fehler wie die Aussage des Barkeepers auf dem Schiff, dass die Uhren bei der Überfahrt auf jedem Breiten(!)grad zurückgestellt werden?

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Vor dem Delphi-Filmpalast (v.l.n.r.): Vincent Wilkes, Uladzimir Khutko,
Henry Oelmann, Jan Dantsig, Kai Tonke, Jonathan Maeß,
Thomas Binder, Florian Suhre, Thilo Steinkrauß, Jairo González,
Aram Azarvash, Brian Heinze

Wir waren im Kino

Am 25. September 2021 war dann auch für uns der große Tag gekommen. Immerhin zwölf Vereinsmitglieder trafen sich im Delphi-Filmpalast zum Besuch "unseres" Kinofilms.
Mit großer Spannung fieberten wir jedem Auftritt der Siemensstädter Schachuhren entgegen. Wir wurden nicht enttäuscht.
Neben den schachlichen Aspekten und unserem ganz eigenen Zugang dazu, ist zu bemerken, dass der Film in seinen verschiedenen Zeitebenen und den verwobenen Welten aus Realität und (Alb-)Träumen bzw. quälenden Phantasien der Hauptfigur dem Zuschauer viel abverlangt. Man ist gefordert, sich mit dem historischen Hintergrund und den Wirkungen auf die menschliche Psyche aktiv auseinanderzusetzen. Das ist aber natürlich genau das Anliegen der literarischen Vorlage wie auch der Verfilmung.

Unsere Spannung blieb noch über das Ende des Filmes hinaus erhalten. Eine Frage hatten wir bewusst offen gelassen: Werden wir im Abspann Erwähnung finden? Um es aufzulösen: Zumindest in dieser Beziehung hat der Film (für uns) ein Happy-End.

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